Die Vienna, genauer gesagt, der First Vienna FC ist in der Regionalliga Ost momentan das Maß der Dinge. Nach zwölf Runden liegen die Blau-Gelben mit vier Punkten Vorsprung auf die Rapid-Amateure an der Spitze der Tabelle. Obendrein gab es in jüngster Zeit höchst bewundernswerte Erfolge im ÖFB-Cup. Bekanntlich wurden Bundesligist Rapid (!) und Red Zac-Ligist Leoben aus dem Bewerb geworfen. Dies war Anlass genug, um mit dem Trainer der Döblinger ein paar Worte über die aktuelle Erfolgsstory zu wechseln. derStandard.at-Redakteur Thomas Hirner sprach mit Vienna-Coach und Austria-Urgestein Fritz Drazan...

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Acht Spiele, acht Siege, ein 3:0-Erfolg im Cup gegen den momentanen Dritten der Red-Zac-Liga Leoben. Warum ist die Vienna zur Zeit so erfolgreich? Was ist das Geheimnis des Erfolgs?

Fritz Drazan: "Es gibt eigentlich kein Erfolgsgeheimnis. Es ist vom Prinzip her ganz einfach. Es sind zwei, drei Punkte, die wichtig sind: Disziplin, Kameradschaft und Akzeptanz untereinander. Natürlich ist aber auch eines ganz entscheidend, nämlich dass die Mannschaft gut ist, dass die Zusammenstellung passt. Bei der Vienna kommen vier bis fünf Eigenbau-Spieler zum Zug. Das ist ein Zeichen dafür, dass auch die Nachwuchsarbeit funktioniert. Entscheidend ist aber das Team. Wenn sich zwei, drei Grüppchen bilden, dann funktioniert das Ganze nicht. Bei uns stimmt zur Zeit einfach alles, vom Vorstand bis zum Zeugwart."

Bedarf es auch einer psychologischen Betreuung, damit die Gruppe harmoniert?

Drazan: "Man muss schon einiges besprechen, immer wieder auf die Spieler einreden, damit sie es verstehen. Denn erst wenn die Akzeptanz untereinander gegeben ist, wenn jeder für jeden da ist und auch jeder für jeden rennt, dann bringt das 20 bis 25 Prozent mehr und das ist entscheidend."

Im Cup hat die Vienna zuerst Rapid eliminiert, jetzt wurde Leoben verabschiedet. Als nächsten Gegner wünschen Sie sich die Austria?

Drazan: "Gut, ich habe gesagt, wenn ich mir einen übermächtigen Gegner wünschen darf, dann die Austria. Die Violetten können wir jeder Zeit schlagen. Mir ist es natürlich auch recht, wenn wir zuerst leichtere Gegner erhalten und dann auf die Austria treffen. Ich habe mir auch Rapid vor dem Cupmatch zweimal angeschaut und gesehen, dass die nicht viel besser sind als wir. Momentan sind wir auf einer Erfolgswelle, jedoch nicht aus reinem Glück sondern vor allem durch harte Arbeit."

Es scheint, als wäre die Vienna bereits reif für die Erste Liga, auch die Bundesliga liegt in Reichweite. Sehen Sie das genauso?

Drazan: "Seit wir Flögel als Sportdirektor haben, läuft es ganz gut. Ich möchte mich zwar keiner Euphorie hingeben, immerhin sind auch noch zwei, drei andere Teams noch ganz gut im Geschäft, aber das Selbstvertrauen stimmt und das macht auch den Gegnern zu schaffen. Vielleicht holen wir im Winter noch ein, zwei Verstärkungen und dann schaut es ganz gut aus, dass wir den Aufstieg schaffen können."

Sie sind ein sehr erfolgreicher Trainer, waren mit Vösendorf Ostliga-Meister, waren mit Wienerberg Oberliga-Meister, Hallensieger und Totocupsieger. Was sind ihre persönlichen Ziele?

Drazan: "Zunächst möchte ich betonen, dass es mir hier auf der Hohen Warte total gut gefällt. Ich möchte auch mit der Vienna noch einiges erreichen. Natürlich bin ich auch für einen großen Verein jederzeit offen. Dazu braucht es aber auch einen guten Manager und etwas Glück. Man hat ja zum Beispiel bei Schachner gesehen, wie schnell so etwas gehen kann. Zwei, drei gute Jahre, ein Engagement bei der Austria und ... bummm, schon bist im Ausland."

Ein Angebot eines Bundesligisten würde Sie demnach reizen?

Drazan: "Sicherlich, keine Frage. Als Trainer ist man natürlich auch ambitioniert, will auf keinen Fall jahrelang bei einem Mittelständler arbeiten. Das verschafft doch keine Genugtuung."

Was ist Ihrer Meinung nach mit Austria und Rapid los?

Drazan: "Das sind zwei zusammengewürfelte Haufen. Das kann nicht funktionieren. Ein Problem ist, dass in Österreich viel zu viel für dritt- und viertklassige Legionäre bezahlt wird. Der Trainer muss das Handerl haben, auch wenn es oft wirklich nicht leicht ist, gerade wenn der Spieler zu viel verlangt. Früher hatten die Legionäre Klasse! Denken wir an Leute wie Nylasi, Panenka, Krancjar... Spitzenvereine wie die Bayern oder Chelsea kriegen natürlich gute Leute, das sind richtige Profis, doch in unserer Liga mangelt es oft an professioneller Einstellung. Der Teamchef ist ja auch ein armer Kerl. Zu meiner aktiven Zeit waren wir Jungen wie Baumeister oder Gasselich Stammspieler, die Routinierten haben uns geführt, wir haben Zeit gehabt, zu lernen. Heute kommt man als Junger zwei, dreimal pro Jahr zum Einsatz. Das ist das Problem, das auch Hickersberger so stark betrifft. Der Kühbauer mit seinen 35 Jahren ist schon länger einer unserer besten Spieler. Das allein zeigt, dass da etwas faul ist. Was gerade bei der Austria fehlt, ist Kontinuität. Mit einem Verein, der ständig im Umbruch ist, laufend neue Akteure verpflichtet, kann man sich schwer identifizieren. Was wir bräuchten, ist ein Gentlemen Agreement, nach dem in etwa acht Österreicher und drei wirklich gute Ausländer pro Klub zum Einsatz kommen. Damit wäre auch dem Teamchef geholfen. Leider will aber darüber keiner mehr reden."

Zur Person: Fritz Drazan kam im Alter von 16 Jahren zur Wiener Austria. Damals stießen sowohl Baumgartner als auch Baumeister zu den Violetten. Gemeinsam erlebten sie die Erfolgsära der Veilchen in den 70er Jahren und hatten wesentlichen Anteil an den damaligen Triumphen (einige Meistertitel, Cupsiege, Finale des Cups der Cupsieger). Seine bisherigen Trainerstationen waren unter anderem Vösendorf, Wienerberg, IC Favoriten und Admira Amateure.