Love Is All – Nine Times That Same Song

Die verwackelte und schrammelig produzierte schwedische Garagenband um Sängerin Josephine Olausson kombiniert auf ihrem stürmischen wie räudigen Debüt nicht nur hoppertatschigen britischen Wave-Sound aus den frühen 80er-Jahren mit zeitgemäßen Trash-Klängen von US-Kollegen wie The Yeah Yeah Yeahs.

Ein trotz der und gegen die Musik der Restcombo anspielendes Saxophon aus der Ära Blurt oder James White sorgt mit quäkenden Interventionen auch dafür, dass die ganze Angelegenheit herzergreifender und nicht so berechnend wie bei den derzeit angesagteren New Yorker Kollegen The Rapture klingt. Sehr charmant! Das jetzt nicht falsch verstehen: Christina Stürmer würde so in gut klingen. Wenn sie sich auch ein wenig mit legendären Girl-Bands der 60er-Jahre wie The Shangri-Las beschäftigen würde. (EMI)

Link
Love is all

Albumcover: Label

Trentemoller – The Last Resort

Der junge dänische Elektronikproduzent Anders Trentemoller zählt im Genre des funkigen und melodiösen Minimal Techno nicht nur zu den großen neuen Stimmen. Auch als Remixer für die Pet Shop Boys oder Royskopp machte er sich jüngst einen Namen.

Auf diesem Soloalbum verlässt er allerdings die engen Powerbook-Vorgaben und bewegt sich mit Gastmusikern und Analog-Instrumentarium in wunderbar dunkle und atmosphärische, imaginäre Soundtrackwelten. Die haben eindeutig nicht den Dancefloor, sondern eher nächtliche Autofahrten und trotz aller treibenden Rhythmen somnambule Hörerlebnisse in den frühen Dämmerstunden im Sinn. Im Genre des "electronic listening" heure zweifellos das Ereignis des Jahres! (Poker Flat/Soul Seduction)

Link
Pokerflat Recordings

Albumcover: Label

Daniel Johnston – Lost And Found

Der große, verrückte und von Leuten wie Tom Waits, Wayne Coyne (Flaming Lips) oder Jason Lytlle (Grandaddy) verehrte, 45-jährige US-Songwriter Daniel Johnston bietet auch auf seinem neuen Album rührende und zu Herzen gehende Gratwanderungen zwischen dem Kampf mit inneren Dämonen ("I wanna be The Beastles" sic!) und reiner, allerdings erheblich gebrochener Schönheit an der Grenze zum Kitsch ("History Of Our Love"). Besser kann es im Bereich des obskuren Borderline-Songwriting nicht werden. Ganz, ganz groß – und weit draußen. Rock on! (Sketchbook/Trost)

Link
hiho ware you

Albumcover: Label

Namosh: Moccatongue

Dreckige elektronische Musik an der Schnittstelle von Dancefloor-Track, Punk, Funk und Song. Lasst uns zu diesem wunderbaren Album das Haupthaar schütteln und darüber nachdenken, warum diese Mischung aus teutonischen Beats und knödelig vorgetragenem Ostfriesen-Funk im Stile des jungen und notgeilen und Richtung Berlin-Mitte gedeuteten Prince noch immer so unsere Herzen wie Hüften erfreut. Geilspechtmusik galore. Wem das etwas sagt: Dakar & Grinser treffen auf Peaches. (Bungalow)

Link
Namosh

Albumcover: Label

Clark: Body Riddle

Der britische Musiker und Elektronikproduzent Chris Clark kombiniert auf diesem neuen Album sehr souverän guten alten 90er-Jahre-Intelligent-Techno im Stile eines Aphex Twin mit durchgeknallter Früh-Psycheledik und schaut kurz beim deutschen Krautrock der 70er-Jahre vorbei, um dann die digitalen Drum-Rhythmen ein wenig auf dem Elektrogrill von Drum’n’Bass brutzeln zu lassen.

+ Eines kann man dem verdienten britischen Warp-Label auch dank seiner Offenheit für Musik jenseits von Laptop-Sounds nicht vorwerfen. Langweilig wird das nicht. Siehe auch ,,artfremde’’ Rock-Sounds von Maximo Park oder Absentee. (Warp/Edel)

Link
Throttle Clark

Albumcover: Label

Diverse Interpreten: Plague Songs

Mit nichts geringerem als den sieben Todsünden beschäftigen sich die für dieses Konzeptalbum zusammengerufenen Künstler des britischen Labels 4AD auf ihren exklusiv eingespielten Titeln. Dunkler sinistrer HipHop (Klasnekoff) trifft auf verschrobenes Songwritertum (King Creosote, Stephen Merritt, Rufus Wainwright ...).

Gekrönt wird dieses Album von den Beiträgen von Scott Walker (die erheblich angekränkelte A-capella-trifft-Industrial-Nummer "Darkness") und der Gänsehaut erzeugenden Kollaboration von Brian Eno mit Robert Wyatt: "Flies". Die Angst geht um. Sie blüht und gedeiht in einer Schönheit voller Schrecken. (4AD/Edel)

Link
4 Ad

Albumcover: Label

Blood On The Wall: Awesomer

Das New Yorker Bruder-und-Schwester-Duo Brad und Courtney Shanks führt auf seinem zweiten Album mit Schlagzeuger Miggy Littleton die Vorzüge von gegen den Strich gebürsteten Avant-Gitarren-Schrammlern wie Sonic Youth in ihrer "Dirty"-Phase mit der stumpfen Heftigkeit von Grunge-Altvorderen wie Mudhoney oder den erhaben-blöden britischen Zwei-Akkord-Psychedelikern Spacemen 3 zusammen.

Als versöhnendes Element wird aber dann auch noch das britische Schuhspitzengeschaue von legendären Bands wie My Bloody Valentine und deren Melancholie mit auf dieses in Ehren schlingernde und sinkende Schiff geholt. Und besser als Courtney Shanks hat Kim Gordon auch noch nie gesungen. (Fat Cat/Soul Seduction)

Link
Fat Cat

Albumcover: Label

Guillemots: Through The Windowpane

Guillemots steht für den an Nordseeküsten vorkommenden und einst auch schon von Andres Dorau besungenen Brutvogel der Trottellumme. Mit diesem wunderbar schwebenden, atmosphärischen und trotz aller Vertracktheit leicht klingenden Debüt haben sich Sänger, Pianist und Kopf Fyfe Dangerfield und sein international besetztes Quartett allerdings gleich einmal in die vorderste Liga des anspruchsvollen Erwachsenenpop gespielt. Referenznamen: Talk Talk, Elbow, Archive, Flotation Toy Warning, Radiohead. Für Eilige: Coldplay in gut. (Universal)

Link
Guillemots

Albumcover: Label

Little Axe: Stone Cold Ohio

Unter der musikalischen Leitung von Gitarrist und Sänger Skip McDonald legt die ehemalige Hausband des frühen HipHop-Labels Sugarhill Records sowie von On-U-Sound des britischen (Industrial-)Dub-Königs Adrian Sherwood (Mark Stewart & The Maffia, Gary Clail, Tackhead, Bim Sherman ...) unter Regie des Letztgenannten ein weiteres mitreißendes und beseeltes Zeugnis davon ab, wie man im dritten Jahrtausend den Blues mit modernen Errungenschaften des Dancefloor kombinieren kann - ohne dabei den Holzhammer auspacken zum müssen. Neben The Jon Spencer Blues Explosion das beste und zwingendste, das man in diesem Bereich kriegen kann. (Realworld/EMI)

Link
Little Axe

Albumcover: Label

Monks: Black Monk Time

Fünf US-GIs erfinden 1966 nach ihrem Militärdienst unter Anleitung von zwei deutschen Managern den Punkrock. Mit Mönchstonsuren und in schwarzen Kutten wird hier ein Album lang zum Entsetzen des deutschen Publikums eine Musik geprügelt, die noch heute aggressiv und weit draußen wie später nur das Beste des Genres klingt: Ramones, The Fall, Motörhead. Wir sehen schon: ganz groß! Pflicht für alle wilden Burschis! (Polydor/Repertoire)

Link
Playloud

Albumcover: Label