wissen, ob Mozart den berühmten "Mohren" Angelo Soliman persönlich kannte.
* * *
Es mag eine Ironie des Schicksals sein, dass Mozart ausgerechnet zu der Zeit, als er die Entführung aus dem Serail schrieb, in Wien einen ehemaligen Sklaven kennen lernte, der seinerseits Opfer von Entführern geworden war. Dieser Mann hieß Mmadi Make, stammte aus Zentralafrika und war in Wien als Angelo Soliman weithin bekannt. Als Kind wurde der 1721 geborene Soliman verschleppt und von einem Sklavenhändler an eine Marquise in Messina auf Sizilien verkauft. Etwa 1733 kaufte Fürst Johann Georg Christian Lobkowitz, der die kaiserlichen Truppen in Sizilien kommandierte, der Marquise den Knaben ab und brachte ihn nach Wien, wo er im Laufe der Jahre eine erstaunliche Karriere als "fürstlicher Mohr" machte. 1768 vermählte sich Soliman heimlich mit der Witwe Magdalena Christiani, 1772 kam die Tochter Josepha zur Welt. Im Taufbuch der Pfarre St. Stephan wird als ihr Vater "Angelus Soliman, Mohr" angegeben. 1773 wurde Soliman, der sechs Sprachen beherrschte und ein exzellenter Schachspieler war, von Fürst Franz Joseph von Liechtenstein als Erzieher und "Hausofficier" mit einem Jahresgehalt von 600 Gulden angestellt. Im Sommer 1781 trat Soliman der Freimaurer-Edelloge "Zur wahren Eintracht" bei, über die er später auch Mozart persönlich kennen lernte. Nach Solimans Tod am 21. November 1796 wurde dessen Leichnam auf Anweisung von Kaiser Franz II. ausgestopft und gemeinsam mit einem Warzenschwein und mehreren Sumpfvögeln im Naturalienkabinett in Wien ausgestellt. Franz II. führte also die unselige Tradition des "Völkerschauens" konsequent fort, wobei es offenbar keine Rolle mehr spielte, ob es sich bei dem betrachteten Objekt um einen lebenden oder toten "Exoten" handelte. Erst 1806 wurde der ausgestopfte Soliman aus dem Kabinett entfernt und auf dem Dachboden des Gebäudes "zwischengelagert". Am 31. Oktober 1848 verbrannte der Leichnam, nachdem ein Geschoß die Hofbibliothek in Brand gesetzt hatte. Bedauerlicherweise wissen wir nicht, welche Gedanken Soliman durch den Kopf gingen, als er den schwarzen "Barbaren" Monostatos in der Zauberflöte auf der Bühne des Freihaustheaters sah. (DER STANDARD Printausgabe, 21./22.10.2006)