Für eine dann doch nie startende Weltkarriere müssen fünf ehemalige US-GIs 1966 Haare lassen. Die jetzt wiederentdeckten Punk-Rocker The Monks: "I hate you!"

Foto: playloud.org
Wien – Die Idee war gut. Doch die Welt noch nicht bereit. 1964 entdecken die deutschen Werbegrafiker und Designer Walter Niemann und Karl-Heinz Remy auf der Bühne eines versifften Bierkellers fünf nach ihrer Entlassung aus dem Militärdienst in Deutschland gebliebene US-amerikanische GIs beim Abspielen damals gängiger Top-Ten-Hits – zwischen Beatles (I Want To Hold Your Hand), Chuck Berry (Memphis Tennessee) und Roy Orbison (Pretty Woman).

Die beiden Deutschen haben mit den Amis Großes vor. Jahre vor visionären konzeptuellen Würfen im Pop wie Andy Warhol und The Velvet Underground oder Malcolm McLaren und The Sex Pistols soll hier eine von der Form wie der Funktion her einzigartige Band gebastelt werden, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Dieser Wunsch geht zwei Jahre später in Erfüllung. Widerwillig haben sich die Musiker ihre bis über die Ohren (!!!) reichenden Haare schneiden, sich, nichts Gutes ahnend, Mönchstonsuren scheren und sich in Kutten stecken lassen. Als The Monks sollen sich die fünf nach Vorstellung ihrer deutschen Schöpfer 1966 jedenfalls mit dem Album Black Monk Time nicht nur gegen den knieweichen Sound der Beatles durchsetzen. Lange bevor die Rockmusik von den Barrikaden der Studentenbewegung herab politisiert werden sollte, stehen Mitte der 60er-Jahre auch fünf falsche Ordensbrüder auf den Kellerbühnen Deutschlands, die nicht nur für die Damenwelt entsetzlich ausschauen.´

Musikalische Verstörung

Das furchtsame Publikum optisch brüskierend, wird hier auch musikalisch ein Jahrzehnt vor der Erfindung von Punkrock und auch noch drei Jahre vor Iggy Pop & The Stooges ein Grad der Verstörung generiert, der noch heute beim Hören des in gut sortierten CD-Geschäften erhältlichen Albums zu spüren ist. Über treibenden und montonen, das Herz zum Rasen bringenden Amphetamin-Riffs und hypnotischen „Dschungel-Beats“, vorwärts gejagt von infernalischem Feedback- und Kirmes-Orgel-Lärm sowie zerhackt von einem elektrisch verzerrtem Banjo (!!!), japst und röchelt ein höhnischer Sänger namens Gary Burger mit großem Furor für die damalige Zeit unerhörte dadaistische bis nihilistische Botschaften.

Songs wie Drunken Maria, We Do Wie Du (sic!), Higgle-Dy-Piggle-Dy oder I Hate You mögen schon schlimm sein. Richtig hart und umstürzlerisch aber wird es im Titelsong Monk Time: „It’s beat time, it’s hop time, it’s Monk time! You know, we don’t like the army! What army? Who cares what army?! Why do you kill all those kids in Vietnam?!“

Kein zweites Album

Eine Tournee für die kämpfenden US-Truppen durch Vietnam wird naturgemäß abgesagt. Auch Afri-Cola lehnt die Band als Werbeträger ab. Müde vom ständigen Misserfolg und den Anfeindungen außerhalb der Clubs des aufgeschlosseneren Hamburg bricht die Band schon 1967, noch vor einem niemals fertig gestellten zweiten Album namens Silver Monk Time auseinander. Nach und nach kehren die Musiker in die USA zurück und verschwinden im Nebel der Geschichte.

30 Jahre später aber lizensiert US-Starproduzent Rick Rubin gemeinsam mit US-Hardcore-Legende Henry Rollins das Album Black Monk Time erstmals für die USA. Monks-Bassist Eddie Shaw veröffentlicht die Autobiografie Black Monk Time. Und 1999 wird in New York das erste und bis heute einzige Konzert der Monks auf amerikanischem Boden auf die Füße gestellt. Damals beginnen sich auch die deutschen Filmemacher Dietmar Post und Lucia Palacios für die alten wilden Hunde zu interessieren.

Herausgekommen ist jetzt im Herbst die auf diversen Filmfestivals hochgelobte, so berührende wie wahnwitzige, aber auf der Viennale leider nicht gezeigte Dokumentation The Transatlantic Feedback. Die bringt neben dem ab Montag über www.playloud.org erhältlichen CD-Tribut Silver Monk Time mit Fans wie The Fall oder Mouse On Mars als Höhepunkt nach beinahe 40 Jahren auch die Monks selbst wieder auf zwei Bühnen im deutschen Raum. Für Schnellentschlossene: Samstag, 21. 10., live im Mascotte, Zürich. Am Montag, 23. 10., Volksbühne, Berlin. (Christian Schachinger, DER STANDARD Printausgabe, 21./22.10.2006)