Wien - Eine Frau, die am 19. Juli 2005 in Wien auf offener
Straße überfallen und ihrer Handtasche beraubt wurde, bekommt die
darin mitgeführte Lesebrille jetzt doch ersetzt. Das hat der
Verfassungsgerichtshof ( VfGH) in der druckfrischen Entscheidung B
527/06-8 festgestellt, nachdem die Frau das Höchstgericht wegen
Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes angerufen hatte. Das
Bundessozialamt hatte ihren nach dem Verbrechensopfergesetz geltend
gemachten Anspruch nämlich abgelehnt.
Die nicht erfolgte Zahlung der begehrten 150 Euro, mit denen sich
die Frau eine neue Lesebrille anschaffen wollte, wurde vom
Bundessozialamt folgendermaßen begründet: Das Raubopfer habe den
Sehbehelf "in Verwendung seiner eigentlichen Bestimmung nicht direkt
am Körper getragen". Weil das Verbrechensopfergesetz "restriktiv" zu
interpretieren sei, käme dem vorgebrachten Ansinnen keine
Berechtigung zu.
"Unzulässige
Ungleichbehandlung"
Der VfGH korrigierte nun diese Rechtsmeinung und hob den Bescheid
als verfassungswidrig auf: Es liege in der Tat eine "unzulässige
Ungleichbehandlung" vor. Das Recht auf Entschädigung käme nicht nur
auf Augengläser angewiesenen Verbrechensopfern zu, die ihre Brillen
ständig tragen, sondern auch dann, wenn dies Brille "zwar nicht
unmittelbar benützt, aber in einer Handtasche (sei es auch zusätzlich
in einem Etui verwahrt) einsatzbereit mitgeführt wird". (APA)