Wien - Der Regisseur George Tabori (92) hat am Freitag vom österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik verliehen bekommen. Die Zeremonie, die in der Präsidentschaftskanzlei stattfand, wurde von einem Zwischenfall überschattet: Nach der Rede des Bundespräsidenten und einer Lesung von Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg erlitt der Geehrte einen Schwächeanfall und musste ärztlich versorgt werden. Auf das abschließende Musikstück wurde verzichtet, die Gäste wurden aus dem Saal gebeten.

Laut dem Sprecher des Bundespräsidenten, Bruno Aigner, erlitt Tabori eine Kreislaufschwäche, habe sich nach der ersten Versorgung jedoch wieder rasch erholt. An dem darauf folgenden Empfang nahm der Regisseur aber nicht mehr teil.

"Tabori ist ein Glücksfall"

Im Beisein von Freunden sowie Polit- und Theaterprominenz hat Bundespräsident Heinz Fischer den kosmopolitischen Theaterautor und Regisseur gewürdigt. "George Tabori ist ein Glücksfall", sagte Fischer, "für das Theater, für Österreich und für mich als Laudator." Er habe das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern "als Künstler, als Charakter und als Mensch" verdient. "Glauben sie mir, alle hier Anwesenden und die ganze Republik möchte danke sagen."

Zu den Anwesenden zählten u.a. Wiens Altbürgermeister Helmut Zilk, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S), der Schauspieler Erich Schleyer und Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg. Schottenberg las im Anschluss an die Laudatio aus Taboris satirischem Stück "Wiener Blut". Seine Dankesworte im Anschluss wurden jedoch von Taboris Schwächeanfall überschattet.

Flucht vor den Nazis

Bundespräsident Fischer zeichnete in seiner Laudatio den Lebensweg des großen Theatermannes nach, der auf Wunsch seines Vaters in jungen Jahren eigentlich eine Hotelierslehre begonnen hat. Nach seiner Flucht vor den Nazis quer durch Europa und ersten Romanveröffentlichungen landete Tabori 1947 in den USA, wo er Bertolt Brecht und Thomas Mann kennen lernte, Romane übersetzte und Drehbücher - u.a. für Alfred Hitchcock - verfasste. 1952 wurde sein Stück "Flight into Egypt" von Elia Kazan am Broadway inszeniert, 1955 - im Alter von 41 Jahren - führte Tabori erstmals selbst Regie.

Wiener Publikum lernte Tabori bei den Festwochen 1981 kennen

Das Wiener Publikum lernte George Tabori erstmals 1981 bei den Festwochen kennen, wo seine Inszenierung von Enzensbergers "Der Untergang der Titanic" gezeigt wurde. 1986 übernahm er die Leitung des Theaters "Der Kreis". Mit Inszenierungen seiner Hitler-Farce "Mein Kampf" (1987), von Shakespeares "Othello" (1990) oder seinen "Goldberg-Variationen" (1991) prägte Tabori, der seit 1997 Ehrenmitglied des Burgtheaters ist, die Ära Peymann und wurde vom Wiener Publikum ins Herz geschlossen wie kaum ein anderer. Dass er Wien schließlich vor einigen Jahren wieder in Richtung Berlin verlassen hat, bedauerte Fischer sehr.

"Unbestechlich, scharfsinnig und heiter"

Der Bundespräsident ehrte Tabori als "unbestechlich, scharfsinnig und heiter". Dies sei nicht immer für alle angenehm, aber dafür immer wichtig gewesen. Seine Themen seien Heimat und Heimatlosigkeit gewesen, Tabori selbst sei ein "Patriot der Heimatlosigkeit". Als augenzwinkernde Aufforderung an den 92-Jährigen verstand Fischer zum Schluss den Hinweis auf Picasso, dessen Alterswerk gerade in der Albertina ausgestellt wird und der "mit 91, 92, 93 noch die hervorragendsten Werke produziert" habe. Die Überreichung des Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern - eine der höchsten Auszeichnungen der Republik - wurde im Anschluss von langem Applaus begleitet.

Tabori-Abend zu Ehren des Regisseurs im Volkstheater

Im Volkstheater Wien hat George Tabori am Freitag Abend trotz des Schwächeanfalls an der Aufführung der von ihm szenisch eingerichteten "Tabori-Variationen" teilgenommen. (APA)