Bürgerjournalismus, Leserreporter und Laienfotografen sind inzwischen mediale Realität geworden. Der Frage, ob diese rasenden oft unbezahlten Bürgerreporter für etablierte Medien eine Bedrohung oder eine Ergänzung darstellen, widmeten sich bei den Münchner Medientagen mehrere Diskussionsrunden. Bürgerjournalismus werde den professionellen Journalismus nicht vertreiben, war Klaus Schönbach, Kommunikationswissenschafter von der Universität Amsterdam sicher. Als klaren und einfachen Grund nannte er: "Niemand will das lesen oder hören."

Laienfotos vom 11. September oder der Tsunami-Katastrophe

Freilich würden etwa Laienfotos vom 11. September oder der Tsunami-Katastrophe im Jahr 2004 rasenden Absatz finden - sie müssten aber stets in einen professionellen redaktionellen Rahmen eingebettet sein. Artikel von Laien für Laien würden hingegen auf ebenso wenig Anklang stoßen wie etwa Radio nach dem Motto "Hörer machen Programm". Das hätten mehrere Testversuche aus der Vergangenheit gezeigt. Das Material von Leserreportern müsse man ähnlich handhaben, wie das einer Agentur, zeigte sich Torsten Rossmann, Geschäftsführer von N24 überzeugt. Es gelte, auszusieben und die Informationen für das jeweilige Medium redaktionell zu bearbeiten.

Gründlich

Weiters gelte es, Informationen aus Leserhand gründlich "gegenzuchecken", betonte Georgia Tornow, Generalsekretärin von film20: "Es kann doch nicht sein, dass wir hier plötzlich so leichtgläubig werden", warnte sie. Eine umgekehrte Trendwende sah Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, Chief Blogging Officer, Edelman Deutschland. Mit Hilfe von Blogs und der Möglichkeit sich als Leserreporter zu betätigen, würden gerade Bürger zu Qualitätskontrolleuren der Journalisten werden. Als Beispiel führte er jenes Libanon-Foto an, das ein ehemaliger Reuters-Fotograf mittels Computermanipulation gefälscht hatte. Blogger im Internet überführten den Fotografen schließlich.

500 Euro

Ein großes Problem sah Rossmann im Trend, dass Laienjournalisten und -fotografen nicht selten mit finanziellen Lockangeboten geködert werden. So bezahle etwa die deutsche "Bild-Zeitung" bis zu 500 Euro für ein spektakuläres Leserfoto, was ein Vielfaches von dem ist, was professionelle Journalisten erhalten. In vielen Fällen verleite das dazu, dass sich Bürger als bezahlte Hobby-Detektive betätigen und in fremde Intimsphären eindringen. Außerdem schüren die hohen Gagen den Unmut der professionellen Konkurrenz, die sich dann nicht selten selbst als Laienfotografen ausgeben, um abzukassieren.(APA)