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Wien - Robbie Williams nennt sein heute erscheinendes Album "Rudebox" einen Neubeginn. Im Informationsblatt zum Werk verkündet er, dass alles, was er bisher veröffentlicht habe, nur Vorspiel gewesen wäre. Nun mache er endlich die Musik, die er wirklich liebe. Große Worte.

Immerhin machten ihn die bei diesem Vorspiel abfallenden Alben wie "Escapology" oder "Swing When You're Winning" zum Superstar. Nähme man das also für bare Münze, müsste man dem 32-jährigen Briten eine schwere Identitätskrise unterstellen. Rudebox ist nämlich ein zerrissenes Werk. Vermittelten seine bisherigen Alben durch die Dominanz von Songschreibern wie Guy Chambers oder Stephen Duffy eine gewisse Homogenität, tanzt Robbie hier auf allen Kirtagen. Besser: Er versucht es.

Bloß hat das im August bei seinen beiden Österreich-Auftritten schon nicht geklappt. Man erinnert sich noch mit Schaudern an einen aufgequollenen Sänger ohne Stimme, der durch eine Bühne gewordene PR-Maschinerie taumelte und zwischen Vorschlaghammer-Product-Placement und routiniert abgespulten Schmähs so tat, als wäre er Herr der Lage. Dabei wechselte er Stile und Genres wie die vertraglich ausgehandelten Sportjacken.

"Rudebox" erhebt die Sprunghaftigkeit nun zum Programm. Die titelgebende Eröffnungsnummer des Albums ist ein etwas hoppertatschiger HipHop-Electro-Song, in dem Williams bescheiden den Rapper mimt und versucht, so etwas wie Street Credibility zu generieren. Allein, dafür fehlt dem Song die Räudigkeit, die Verve und - der Multimillionär mit Designertrainingsanzug - jede Glaubwürdigkeit. Das bleibt so.

Infolge wurstelt sich Williams durch ein paar halbgare Coverversionen von persönlichen Lieblingsliedern: Manu Chaos "Bongo Bong" erfährt ebenso eine halbherzige Umarmung wie Louise von den Synthie-Pop-Pionieren The Human League. Apropos Synthie-Pop: Auch darin versucht sich Williams - mit bescheidenen Resultaten. In einer gemeinsam mit den Pet Shop Boys produzierten Grässlichkeit namens "She's Madonna" schmachtet er seine Superstarkollegin an oder schwächelt durch die beiden autobiografischen Songs "The 80s" und "The 90s".

Nicht nur die ironische Brechung, die Williams bisher als Image nicht schlecht gedient hat, sucht man hier vergeblich. Die angebliche Authentizität unterläuft ein auch im Vortrag vollkommen uninspiriert wirkender Sänger, dessen Gesang über weite Strecken klingt, als ginge ihn das Ganze nichts an, geschweige denn, ihm irgendwie nahe. Dass passt zu den jüngsten Aussagen von Williams, in denen er sich über die Strapazen des Business beschwert.

Möglicherweise wird er davon früher erlöst, als ihm lieb ist. Hits sucht man auf "Rudebox" nämlich vergeblich, bestenfalls "Lovelight" scheint diesbezüglich Potenzial zu besitzen. Der Rest? Geschwätzige Ödnis. (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2006)