Wien - Die Bundeswahlbehörde entscheidet am Freitag über das endgültige Wahlergebnis - danach sind Einsprüche gegen das Ergebnis möglich. Zumindest im Fall des BZÖ (Stichwort: "Liste Jörg Haider" statt "Liste Westenthaler") hätte eine Berufung beim Verfassungsgerichtshof gute Chancen, sagt der Verfassungsjurist Heinz Mayer. Grund ist ein Präzedenzfall aus dem Jahr 1924. Schon damals hatte der VfGH entschieden, dass die Stimmen einer Partei, die unter verschiedenen Listennamen kandidierte, nicht addiert werden dürfen.

Ohne Stimmen aus Kärnten kein Nationalrat

Zur Erinnerung: Die Orangen sind in acht Bundesländern als "Die Freiheitlichen - Liste Westentahler - BZÖ" angetreten, nur in Kärnten lautete die Listenbezeichnung "Die Freiheitlichen in Kärnten - Liste Jörg Haider - BZÖ". Den Einzug in den Nationalrat hat das BZÖ allerdings nur geschafft, weil das extrem starke Kärntner Ergebnis das schwache Abschneiden auf Bundesebene wettgemacht hat. Ohne die Kärntner Stimmen wäre das BZÖ nicht im Nationalrat vertreten.

Paragraf 106

Mayer geht jedoch davon aus, dass die Bundeswahlbehörde die Stimmen der Kärntner Orangen nicht mit jenen auf Bundesebene hätte addieren dürfen. Grund: In Paragraf 106 der Nationalrats-Wahlordnung ist geregelt, dass auf Bundes- und Landeswahlvorschlägen Parteien "derselben Parteibezeichnung" kandidieren müssen.

Präzedenzfall

Unterstützt sieht Mayer seine Meinung durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes aus 1924. Betroffen war der "Landbund", der 1923 in einer Wahlgemeinschaft mit der Großdeutschen Volkspartei angetreten war. Während die Partei im Burgenland als "Burgenländischer Bauernbund (Landbund für Österreich)" auf dem Stimmzettel stand, kandidierte sie in Rest-Österreich als "Landbund für Österreich". Die Wahlbehörde untersagte damals die Addition der Stimmen beider Listen. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte diese Vorgehensweise.

Einspruch wahlwerbender Partei notwendig

Für Mayer ist damit klar, dass das BZÖ auch die Kärntner Stimmen verlieren müsste. Zumindest würde das der bisherigen Linie des Verfassungsgerichtshofes entsprechen, Wahlordnungen "strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Manipulationen zu verhindern", sagt Mayer. Voraussetzung wäre allerdings ein Einspruch einer wahlwerbenden Partei gegen das Ergebnis. Die Einspruchsfrist beträgt vier Wochen ab Veröffentlichung des Wahlergebnisses an der Amtstafel des Innenministeriums.

Innenministerium widerspricht Mayer

Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, widerspricht dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer, der Chancen sieht, erfolgreich Einspruch gegen das Zusammenzählen der Kärntner BZÖ-Stimmen mit jenen auf Bundesebene zu erheben. Der von Mayer herangezogene Paragraf sei in diesem Fall nicht anwendbar, so Stein zur APA, beziehe er sich nur auf die Entgegennahmen des Bundeswahlvorschlages, nicht auf das Ermittlungsverfahren.

Stein rief außerdem die Nationalratswahlen aus den Jahren 1999 und 2002 in Erinnerung, wo eine ähnliche Situation wie die des BZÖ vorgeherrscht hatte. Die Grünen seien in mehreren Bundesländern mit unterschiedlichen Namen in die Wahlauseinandersetzung gezogen - um dann im Nationalrat wieder zusammenzufinden. "Auch damals hat man kein Problem gesehen", so Stein, der die Dinge "völlig anders gelagert" sieht als Mayer.

Erboste Reaktionen auf Mayers Aussagen gab es von BZÖ-Bündnissprecher Uwe Scheuch. Er bezeichnete den Verfassungsjuristen in einer Ausendung als "Handlanger des politischen Gegners". Und weiter: "Kaum meldet sich der selbst ernannte Verfassungsexperte Heinz Mayer zu Wort, widerspricht er sich schon selbst." Er warf Mayer außerdem vor, ein "offensichtlich eingekaufter Verfassungsjurist" zu sein. (APA)