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US-Kasinobesitzer Steve Wynn durchstieß mit seinem rechten Ellenbogen den linken Unterarm der porträtierten Marie-Thérèse Walter: Pablo Picassos "Le Rêve" von 1932.

Foto: Reuters
Las Vegas - Im November 1997 machte sich der in den Bawag-Skandal verwickelte Wolfgang Flöttl einen Traum wahr: Der Investmentbanker erwarb um 48,4 Millionen Dollar Pablo Picassos Le Rêve, ein Porträt seiner Geliebten Marie-Thérèse Walter aus dem Jahr 1932. Vier Jahre später, 2001, war Flöttl ob seiner Schulden gezwungen, das weltberühmte Gemälde wieder zu verkaufen - Gewinn bringend um geschätzte 65 Millionen Dollar an den Kasinobesitzer Steve Wynn in Las Vegas, wie der STANDARD am 23. September berichtete.

Vor wenigen Wochen sollte Der Traum erneut den Besitzer wechseln: Der mit Wynn befreundete Hedge-Fonds-Milliardär Steven A. Cohen war, so das Magazin The New Yorker, bereit, stolze 139 Millionen zu bezahlen. Diese Summe wäre ein neuer Weltrekord gewesen. Denn Ronald Lauder zahlte im Juni dieses Jahres für das an die Erben nach Ferdinand Bloch-Bauer restituierte Bildnis der Adele Bloch-Bauer I von Gustav Klimt angeblich "nur" 135 Millionen Dollar.

Das Geschäft war an sich perfekt: Eine Sachverständige hatte die dralle Träumende untersucht und den Zustand des Bildes in ihrem Bericht als "exzellent" bezeichnet. Doch zwei Tage später - das Geld war noch nicht überwiesen worden - erzählte Wynn ein paar Freunden, die er in seinem Kasino zum Dinner eingeladen hatte, von der Rekordsumme für den Picasso. Da die Gäste das Bild unbedingt sehen wollten, führte Wynn sie nach dem Essen in sein Büro, wo es zwischen Werken von Matisse und Renoir hing.

Da stand er also direkt vor der sanft schlummernden Marie-Thérèse, erzählte gestikulierend, was er alles über das Porträt wusste - und plötzlich machte es für alle hörbar "ratsch": Der rechte Ellenbogen von Wynn, der an einem Augenleiden namens Retinitis Pigmentosa leidet, hatte die Leinwand im Bereich des linken Unterarms der Porträtierten durchstoßen. Der Riss maß gut drei Zentimeter.

Wynn soll die Sache ziemlich cool genommen haben: Er informierte seinen Kunsthändler, der den Deal mit Cohen abgeschlossen hatte, über das Millionen Dollar teure Malheur. Aber auch wenn man nach der Restaurierung (partielle Doublierung) praktisch nichts mehr von der Wunde im Unterarm sehen wird, will Wynn das Porträt der Marie-Thérèse behalten: Seine Frau Elaine sieht den Vorfall als Wink des Schicksals an. Sie bat ihn: "Lass uns das Bild behalten!" So sei es denn auch geschehen. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.10.2006)