Liebende, Getriebene: das Paar aus "Heart, Beating in the Dark".

Foto: Viennale

Manche Dinge ändern sich nie. Im Jahr 1982 dreht der damals noch fast unbekannte japanische Filmemacher Shunichi Nagasaki auf Super-8 einen Film über ein Paar in einer Ausnahmesituation. Heart, Beating in the Dark (Yamiutsu shinzo) erzählt von Ringo (Takashi Naito) und Muroi (Shigeru Muroi), die sich eine Nacht lang in einem Appartement verschanzen.

Sie sind auf der Flucht. Sie haben ihr Baby umgebracht. Sie werden von Schuldgefühlen geplagt. Sie sind aber auch auf verführerische Weise cool. Ein obsessives Spiel auf engstem Raum setzt sich in Gang, bei dem sich alltägliche Verrichtungen, gewalttätiger Sex und erste Versuche, sich mit dem Vergangenen zu konfrontieren, in loser, aber umso intensiverer Abfolge aneinanderreihen.

23 Jahre später hat Nagasaki nun den Film noch einmal realisiert, und doch handelt es sich bei der neuen Version um weit mehr als ein Remake. Szenen aus dem Original treffen zum einen auf eine gegenwärtige Variante der Geschichte: Wieder ist da ein getriebenes Paar in einer kaum möblierten Wohnung zu sehen, wieder wird sein Verhalten von Gewalt bestimmt (auf der Tonspur hört man die Laute des Babys, zu sehen ist es aber nie), wieder richtet sich der Blick auf die körperliche Dynamik, auf den Wechsel von Anziehung, Unterwerfung, Verletzlichkeit und Übelkeit.

Nagasaki verändert nur Details. Manche Szenen gehen geradezu ineinander auf; bei anderen sind die Rollen zwischen Mann und Frau vertauscht. Insgesamt aber wird deutlich, wie sehr jede der beiden Fassungen in ihrer jeweiligen Entstehungszeit verankert ist: Der fahrige Gestus der ersten Version, die modischen Nuancen, der Eindruck, dass sich hier zwei Darsteller vor der Kamera geradezu entblößen - all das wirkt im Remake weniger spontan und bewusster inszeniert. Auch, weil sich diesmal schon jedes Zeichen auf ein anderes bezieht.

Das ist mitnichten eine Schwäche des Films, sondern vielmehr sein eigentliches Anliegen: Was verändert sich in der Revision? - Und: Was lässt sich überhaupt wiederholen? Eine Frage, der Nagasaki noch auf einer dritten Ebene nachgeht, indem er die gealtertern Darsteller des Originals neuerlich miteinander konfrontiert. Wirken sie zunächst schüchtern und merkbar gesetzter, so bricht, je länger sie beisammen sind, verdrängte Schuld hervor und bringt alte Verhaltensmuster wieder zum Vorschein.

Wiederholen und Überprüfen: Dieses Prinzip betont Nagasaki schließlich auch noch durch das Aufbrechen der Fiktion und die Sichtbarmachung des Herstellungsprozesses. Der Darsteller von ehedem will sein junges Alter Ego schlagen. Aber ist er überhaupt zu einem anderen gereift? Manch ein Herz schlägt ewig im Dunklen. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.10.2006)