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Welche Isolation Homosexuelle in der Schulzeit erleben, zeigt sich durch den Umstand, dass nur ein Drittel der von der HOSI Befragten zu dieser Zeit geoutet war, obwohl ihnen ihre sexuelle Orientierung zum Großteil bewusst war.
Foto: APA/AP/Chiang Ying-ying
Der Begriff "Homosexualität" oder ähnliche zum Themenkreis gehörige Begriffe, wie "gleichgeschlechtlich", "schwul", "lesbisch", "bisexuell", "transsexuell" etc. finden sich in keinem Lehrplan der österreichischen Schulen.


Eine von der Homosexuellenorganisation HOSI Salzburg unter schwulen und bisexuellen Männern durchgeführte österreichische Erststudie zeigt ein besorgniserregendes Bild über die Situation homosexueller Schüler hier zu Lande auf: Die Suizidversuchsrate ist um das Sechsfache erhöht; die Situation als Homosexueller in der Schule für fast die Hälfte mit ein Grund. Zudem werden Lehrkräfte, SchulpsychologInnen und SchulärztInnen als Ansprechpersonen an letzter Stelle genannt - Lehrkräfte werden zum überwiegenden Teil als wenig bis gar nicht kompetent eingestuft, bei Problemen weiterhelfen zu können.

Ergebnisse der Studie im Detail

Ein im Internet veröffentlichter Fragebogen wurde von 468 schwulen (90 Prozent) und bisexuellen (10 Prozent) Männern ausgefüllt.

Die Schulzeit ist die Zeit des Coming out für einen Großteil der homosexuellen Menschen. Welche Isolation homosexuelle Schüler in dieser Zeit erleben, zeigt sich durch den Umstand, dass nur ein Drittel der Befragten in der Schulzeit geoutet war, obwohl ihnen ihre sexuelle Orientierung zum Großteil bewusst war.

Ca. 50 Prozent der als schwul geouteten Schüler erfuhren in der Schule Diskriminierungen wegen ihrer sexuellen Orientierung. Doch auch rund ein Viertel jener schwulen Schüler, die nicht geoutet waren, wurden als Schwule diskriminiert.

Hilfe von Seiten der Lehrkräfte haben die wenigsten erfahren. Nur 16 Prozent der Teilnehmer berichteten, dass Lehrkräfte im Falle von Diskriminierungen interveniert hätten, wobei es keinen Unterschied machte, ob sich Diskriminierungen gegen eine bestimmte Person richteten oder allgemein von Statten gingen.

Die Suizidversuchsrate unter den Studienteilnehmern ist mit 17 Prozent (gegenüber 2,5 Prozent in der Gesamtbevölkerung) sehr hoch. Auf die Frage "Hast du den Selbstmordversuch gemacht, weil du wegen deiner Homosexualität in der Schule so viel mitgemacht hast?" antwortete fast die Hälfte, dass dies zumindest mit ein Grund dafür war, aus dem Leben scheiden zu wollen.

Auslassung

Informationen zum Thema "Homo- und Bisexualität" erhielten die meisten Teilnehmer während der Schulzeit nicht von der Schule, sondern aus Medien, durch eigene Erfahrungen oder von Freunden. Die Schule rangiert dabei fast an letzter Stelle, wobei jenes Drittel, welches angab, dass das Thema im Unterricht zur Sprache kam, auch nur zu einem Fünftel wirklich brauchbare Informationen erhielt.

Dementsprechend auch die Einschätzung der Kompetenz der Lehrkräfte: 70 Prozent jener Teilnehmer, welche überhaupt im Unterricht etwas über Homo- und Bisexualität gehört hatten, beurteilten die Lehrkräfte als gar nicht oder weniger kompetent, nur 5 Prozent als voll und ganz kompetent. Dabei halten es mehr als zwei Drittel der Befragten für unerlässlich, dass Homo- und Bisexualität im Unterricht thematisiert wird.

Die von Unterrichtsministerin Gehrer aufgelisteten Ansprechpersonen (SchulärztInnen, SchulpsychologInnen, Lehrkräfte) rangieren für die schwulen Schüler auf den hinteren Plätzen: nur drei Prozent der Gesamtstichprobe gaben diesen Personenkreis als potentielle Ansprechpersonen an.

Auch positive Faktoren

Das Wohlbefinden homosexueller Schüler (insgesamt ca. 60.000 bis 120.000 in Österreich) ist signifikant besser, wenn es jemanden (vor allem LehrerInnen) gab, mit dem sie über Homo- und Bisexualität reden konnten, es offen homosexuelle lebende LehrerInnen an der Schule gab, LehrerInnen gegen schwulenfeindliche Diskriminierungen intervenierten, Broschüren zum Thema in der Schule auflagen, Bücher zum Thema in der Schulbibliothek verfügbar waren und/oder Homo- und Bisexualität im Unterricht thematisiert wurden. Diese Faktoren hängen auch mit einer niedrigeren Suizidversuchsrate zusammen.

Forderungen

Die HOSI fordert auf Grund der Ergebnisse, die Begriffe "Homo-" und "Bisexualität" in sämtliche Lehrpläne der Österreichischen Schulen mit einzubeziehen. In der LehrerInnenaus-, -fort- und –weiterbildung seien entsprechende Seminare vorzusehen und Informationsmaterialien müssten künftig in den Schulen aufliegen. Klare Handlungsrichtlinien für den Umgang mit Diskriminierungen seien Pflicht. Weiters müsse für homosexuelle LehrerInnen (5000 bis 10.000 in Österreich) der offene und unmissverständliche Rückhalt seitens der Schulaufsicht bestehen.

Es läge nun an den verantwortlichen SchulpolitikerInnen und den Organen der Schulaufsicht, dafür zu sorgen, dass in die Wege geleitet wird, was die vorherrschende Situation verbessern kann, so die HOSI Salzburg: "Werden die Verantwortlichen jetzt nicht initiativ, bedeutet dies das Akzeptieren und Ignorieren von 17 Prozent der homosexuellen Menschen in Österreich, von denen sich die Hälfte auch wegen ihrer Situation als Homosexuelle in der Schule versuchen, das Leben zu nehmen", so die Studienautoren abschließend. (red)