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Der hartleibige Chef der Ulster Democratic Unionist Party, Ian Paisley (links), und Sinn-Féin-Führer Gerry Addams sollen in St. Andrews aufeinander zugehen.

Fotos: APA/epa/Paul Mcerlane
Seit über 40 Jahren hat der radikale Presbyterianer-Pfarrer Ian Paisley jeden politischen Kompromiss in Nordirland erfolgreich sabotiert. Seit Mittwochabend sitzt der inzwischen 80-jährige Chef der größten Partei Nordirlands am Verhandlungstisch im schottischen St. Andrews als Schlüsselfigur. Der britische Premier Tony Blair und sein irischer Amtskollege Bertie Ahern haben die nordirischen Politiker für ein dreitägiges Blockseminar zusammengetrommelt, um herauszufinden, ob sie gewillt sind, eine Koalitionsregierung zu bilden.

Ist Paisley denn bereit, plötzlich Kreide zu fressen? Vor zwei Jahren schienen die Anzeichen günstig, aber dann hielt Paisley eine Rede, in der er die IRA aufforderte, "in Sack und Asche zu gehen, bis die verschlissen sind".

Mit anderen Worten: Der evangelische Prediger, der seine eigene Partei und seine eigene Kirche gegründet hatte, wollte die Irisch-Republikanische Armee (IRA) und ihren politischen Flügel Sinn Féin demütigen. Kaum überraschend platzten die Verhandlungen damals. Doch inzwischen hat die IRA abgerüstet und sich in einen Veteranenverband verwandelt, was letzte Woche offiziell bestätigt wurde. Inzwischen haben die Polizeichefs der Republik Irland und Nordirlands bekräftigt, dass die IRA auf dem Weg in die Politik schon einen weiten Weg zurückgelegt habe. Und Paisley selbst besuchte Montag erstmals den katholischen Primas Irlands, obwohl er doch zeitlebens die katholische Kirche als "Hure Babylons" und den Papst als "Antichrist" verunglimpft hatte.

London und Dublin haben den Parteien einen Termin gesetzt: Wenn sie sich bis zum 24. November nicht auf eine Koalition geeinigt haben, wird das nordirische Parlament - das seit vier Jahren ohnehin nur in virtueller Form existiert - ersatzlos aufgelöst. Aber die Sanktion träfe die Falschen. Paisley und Sinn Féin verfügen auch ohne Abgeordnetengehälter über genügend Mittel; die ohnehin schon schwindsüchtige politische Mitte aber würde durch den Entzug der Löhne ins Mark getroffen.

Die Voraussetzung für den Regierungspakt ist die Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols in Nordirland durch Sinn Féin. Die Partei hat bereits signalisiert, bereit zu sein, Polizei und Justiz zu unterstützen, falls Paisley im Gegenzug das Koalitionsgelübde leistet. Das wäre dann das offizielle Ende des Nordirlandkonflikts. (Martin Alioth aus Dublin, DER STANDARD, Print, 12.10.2006)