Zustände von einem Teilchen über - theoretisch - beliebige Distanzen auf ein verwandtes Teilchen zu übertragen, gehört mittlerweile fast zum Standardrepertoire der Quantenphysiker. Experten sprechen dabei vom Teleportieren. Nun ist es einem internationalem Team erstmals gelungen, Quantenzustände von Licht auf Materie zu übertragen. Die Arbeiten, an der auch Klemens Hammerer vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften in Innsbruck beteiligt war, wurde nun in Nature veröffentlicht.

Über die Fachwelt hinaus bekannt geworden sind die Experimente von Anton Zeilinger (Uni Wien), der als einer der ersten Physiker weltweit Schwingungszustände von einem Photon auf ein anderes Lichtteilchen übertrug. Während das Ausgangsteilchen vernichtet wird, entsteht augenblicklich irgendwo anders eine exakte Kopie des Photons.

Mittlerweile wurden ähnliche Experimente erfolgreich auch mit anderen Teilchen durchgeführt, am Innsbrucker Institut haben sich Physiker um Rainer Blatt etwa auf geladene Atome (Ionen) spezialisiert. "Neu am nun veröffentlichen Experiment ist die Tatsache, dass Quantenzustände von den masselosen Photonen auf Materie in Form von Cäsiumgas übertragen wurden", erklärte Hammerer.

Als eigentlichen Zustand wählten die Physiker die Amplitude der Teilchenschwingung sowie die so genannte Phase. Das Licht ist polarisiert, hat also eine bestimmte Schwingungsebene, die Gasatome wurden mittels Magnetfeld ausgerichtet. Ein starker Lichtpuls wird auf das Röhrchen mit Cäsiumgas gelenkt, der austretende Lichtstrahl ist dann mit den Gasatomen verschränkt.

Spukhafte Wirkung

Der von Erwin Schrödinger eingeführte Begriff der "Verschränkung" ist laut Albert Einstein eine "spukhafte Fernwirkung" von Teilchen, die über beliebige Entfernungen so eng miteinander verbunden sind, dass das eine ohne Zeitverlust den Zustand des anderen annimmt. In der Quantenwelt kann ein Teilchen verschiedene Zustände annehmen, etwa eine Rotationsrichtung (Spin) links oder rechts oder, wie im jüngsten Experiment, eben die Schwingung - diese kann mit Null oder Eins angegeben werden, was der Informationsverarbeitung in Computern entspricht. Die Übertragung dieser Information von einem Teilchen auf das andere ist "Teleportation".

Ist die Verschränkung zwischen den Lichtteilchen des Strahles und den Cäsium-Atomen erledigt, folgt die eigentliche Teleportation. Unter Verwendung eines weiteren so genannten Hilfspulses wird eine bestimmte Schwingung der Photonen auf die Atome übertragen. Die Auslesung, also die Überprüfung, ob die Teleportation funktioniert hat, passiert ebenfalls über einen Lichtpuls.

"Die Teleportation funktionierte bei unserem Experiment mit einer Perfektion von 60 Prozent, das ist auf jeden Fall ein eindeutiges Ergebnis", erklärte Hammerer. Das Grundlagenexperiment ist vor allem für die Entwicklung eines Quantencomputers von Interesse. Photonen gelten nämlich als ideale Überträger von Daten. Für die Speicherung sind sie dagegen zu flüchtig, hier wären handfestere Teilchen - wie etwa Cäsiumatome - von Vorteil. Aber auch für die Quantenkryptografie könnte die nun erzeugte Quantenschnittstelle zwischen Licht und Materie von Bedeutung sein. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 11. Oktober 2006)