Sie sagt das jetzt schon seit 16 Jahren - und noch immer flattern vereinzelt Briefe im Präsidium des Nationalrats ein, in denen sich Leute mokieren, dass diese Grüne doch gefälligst Nation und Nationalrat in der "Staatssprache" begrüßen möge. Das macht Terezija Stoisits auch. Sie ist ja höflich. Aber auch eloquent.

Die grüne Langzeitabgeordnete aus Stinatz/Stinjaki, die seit 1990 als Minderheitenvertreterin im Parlament sitzt, beginnt konsequent in ihrer "Elternsprache" Burgenländisch-Kroatisch: "Dobar dan, postovane dame i gospodo" sagt die 47-Jährige vor jeder Rede im Hohen Haus. Dann die "Übersetzung": "Guten Tag, sehr geehrte Damen und Herren."

Das würde sie auch als dritte Nationalratspräsidentin so halten - für dieses Amt ist Stoisits die meistgehandelte Kandidatin aus der grünen Frauenriege, auch wenn sie von ihrer Partei, die mit dem dritten Platz nach der Wahl Anspruch auf den dritten Sitz im Nationalratspräsidium hat, offiziell noch nicht nominiert ist.

Sie sei "ein Produkt der 60er-Jahre, das von den sozialdemokratischen Eltern, die selbst nicht gut Deutsch konnten und nur einen Wunsch hatten - "Unsere Kinder sollen es einmal besser haben als wir" -, bewusst nicht in die zweisprachige Schule geschickt wurden, um perfekt Deutsch zu lernen." Der Sohn der Juristin, der fast zehnjährige Philipp, wuchs bewusst mit einer zweisprachigen Kinderfrau und in einem zweisprachigen Kindergarten auf. Heute geht der Kleine mit Cousins und Cousinen jeden Montag in den Kroatisch-Kurs.

Rote Zwischenstation

Stoisits, für die die "ÖVP nie infrage gekommen wäre", kam über eine familiär bedingte rote "Zwischenstation" zu den Grünen, weil in der SPÖ "damals Volksgruppenrechtler als Outlaws galten". Privat hält sie es mit der SPÖ bis heute gut aus. Stoisits lebt in ihrer Familie seit über zehn Jahren ihr politisches Wunschbild: "Rot-Grün hat Zukunft", meinte sie 2002. SPÖ-Querdenker Bruno Aigner ("Ich bin zu siebzig Prozent rot und zu dreißig Prozent grün"), nunmehr Sprecher des Bundespräsidenten, ist Terezija Stoisits' ("Ich bin zu hundert Prozent grün.") Lebenskoalitionspartner.

Mit Stoisits würde eine unermüdliche, streitbare Kämpferin für Menschenrechte, Minderheiten-, Asyl- und Ausländerfragen am Präsidentensessel Platz nehmen, die sich durch ihre politische Arbeit nicht nur einfach gestrickte oder ressentimentgeleitete, sondern auch gefährliche politische GegnerInnen geschaffen hat.

1993 geriet die exponierte Politikerin ins Visier von Briefbomber Franz Fuchs. Einer der Sprengsätze war an sie adressiert, wurde aber abgefangen. Stoisits arbeitete unbeirrt und für viele unbequem weiter - und wurde zum Feindbild der Rechtsaußen-Fraktion: Frau, "Krowotin", Linke. Ideale Projektionsfläche für rechte Phobiker. Den WählerInnen war es Platz 3 wert. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe 11.10.2006)