Vor allem aber lebt das Votum der Schwedischen Akademie von seiner Unberechenbarkeit - einem Vorzug, den es mit den Offenbarungen der delphischen Pythia teilt. Weder der britische Dramatiker Harold Pinter noch die Österreicherin Elfriede Jelinek waren in den beiden vergangenen Jahren ernsthaft erwartet worden. Dies könnte wiederum mit der Vorliebe von Horace Engdahl, dem Ständigen Sekretär der Schwedischen Akademie, für realistische, "erlebte" Literatur ("witness literature") zusammenhängen: Laut Insidern habe daher auch der israelische Autor Amos Oz heuer gute Chancen.
Die 18 Mitglieder der Schwedischen Akademie vergeben seit 1901 den Nobelpreis für Literatur. Zusammensetzung und Arbeitsweise der Akademie richten sich nach Regeln und Gepflogenheiten aus dem Jahr 1786, die König Gustaf III. (1746-1792) zur Pflege der schwedischen Sprache erlassen hatte. Noch heute gilt, dass alle Mitglieder von der Akademie selbst auf Lebenszeit gewählt werden.
Die Mitgliedschaft hört auch dann nicht auf, wenn ein Betroffener dies selbst ausdrücklich als seinen Willen erklärt hat. So werden die Autorin Kerstin Ekman und ihr Kollege Lars Gyllensten weiter als Akademie-Mitglieder geführt, obwohl sie 1989 ihren Austritt erklärt hatten. Die Akademie verhängt ein Diktat der Geronten: Derzeit sind sechs der nominell 18 Mitglieder älter als 80, weitere fünf über 75 und zwei über 70. Nach dem Tod der Mitglieder Nummer acht und 14, Östen Sjöstrand (81) und Lars Gyllensten (84), wurden beide Vakanzen mit dem Lyriker Jesper Svenbro und der Dramatikerin Kristina Lugn nachbesetzt. Svenbro und Lugn treten ihre Funktion erst am 20. Oktober an, also erst nach Bekanntgabe der diesjährigen Auszeichnung.