Quito - Nach den Präsidentenwahlen in Ecuador könnte die "ideologische Allianz" linker Führer in Südamerika gegen die USA Zulauf bekommen. Favorit beim ersten Wahlgang in dem südamerikanischen Land am kommenden Sonntag (15. Oktober) ist laut letzten Umfragen nämlich Rafael Correa, der mit anti-amerikanischer und populistischer Rhetorik aufhorchen lässt. Er kann mit bis zu 35 Prozent der Stimmen rechnen.

"Ich imitiere die Taktik von Chavez nicht", sagte der ehemalige Wirtschaftsminister (43) kürzlich in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters von sich. Nichtsdestotrotz ist Correa ein enger Freund des venezolanischen Staatschefs Hugo Chavez. In Anlehnung an dessen Politik versprach er umfassende Reformen zur Bekämpfung der Armut. Er kündigte an, sich den Bestrebungen Chavez', sowie der Präsidenten Boliviens und Brasiliens, Evo Morales und Luiz Inacio Lula da Silva, anzuschließen, Lateinamerika durch eine Allianz der Linken zu vereinen.

Zahlungsstopp angedroht

Den Gläubigern des mit umgerechnet etwa 15 Milliarden Euro im Ausland verschuldeten Ecuador hat Correa mit einem Zahlungsstopp gedroht, falls sie sich nicht zu einer Umschuldung bereit erklären. Zudem will er eine Neuordnung der Förderverträge für Ölfirmen. Den US-Marinestützpunkt Manta will er auflösen, und ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten lehnt der in den USA ausgebildete Ökonom ab. Den im Jahr 2000 beschlossenen Verzicht auf eine eigene Währung zu Gunsten des amerikanischen Dollars kritisiert er zwar heftig, hat aber nicht vor, den Schritt rückgängig machen.

Ganz wie Chavez hat Correa offen die Intelligenz von US-Präsident George W. Bush in Zweifel gezogen. "Wir sind keine Kolonie. Genug ist genug", betonte der Präsidentschaftskandidat gegenüber Reuters, wenn er andererseits auch beteuerte, "respektvolle und herzliche" Beziehungen zu Washington unterhalten zu wollen.

Korruption und Misswirtschaft

Der relative Newcomer Correa kann ganz offensichtlich durch seine Unverbrauchtheit punkten. Angesichts politischer Instabilität - Ecuador hatte in den vergangenen zehn Jahren sieben Präsidenten -, wuchernder Korruption und Jahrzehnten der Misswirtschaft haben diejenigen Kandidaten die besten Chancen, die den Eindruck zu erwecken vermögen, sie stünden dem politischen Establishment fern. "Ich bin die Antwort auf die Desillusionierung", sagt Correa. Bei Wahlkampfauftritten entledigte sich der charismatische und telegene Politiker, der mit einem eigens gegründeten Bündnis Alianza Pais (Landesallianz) antritt, öfters seines Gürtels um mit "Peitschen"schlägen in die Luft seine gegen die alte Polit-Kaste gerichtete "Revolution" zu propagieren.

Vor einem Jahr lagen noch die Sozialdemokraten unter Leon Roldos unangefochten an der Spitze. An ihm könnte den Umfragen zufolge nun auch der Bananenmagnat und Milliardär Alvaro Noboa mit seiner populistischen Partei PRIAN vorbeiziehen. "Die Menschen wählen Essen, Wohnung und Arbeit", meint der Politologe Jaime Duran dazu lapidar.

Hauptexporte Bananen und Erdöl

Ecuador ist nicht nur der größte Bananenexporteur der Welt, sondern exportiert auch Erdöl. Die hohen Weltmarktpreise haben die Wirtschaft beflügelt, und der Schuldenstand ist von 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor sechs Jahren auf heute "nur" noch 40 Prozent gesunken. Aber wie in vielen anderen Ländern Lateinamerikas ist der Wohlstand extrem ungleich verteilt. 41 Prozent der insgesamt 13,5 Millionen Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze.

Von den insgesamt 13 Präsidentschaftskandidaten fällt ansonsten nur noch die Christsoziale Cinthya Viteri (PSC) ins Gewicht. Übergangspräsident Alfredo Palacio, der vom Sessel des Vize-Präsidenten aufrückte, als das Parlament Lucio Gutierrez im Vorjahr absetzte, musste in seiner kurzen Amtsperiode mit Protesten indigener Gruppen und Armer für mehr staatliche Hilfe auseinander setzen. Er darf bei der Wahl nicht antreten. Die Indios, die etwa 25 Prozent der Bevölkerung stellen, verfügen über keinen Kandidaten von Bedeutung.

Die Entscheidung über den neuen, auf vier Jahre gewählten Staatschef, der sein Amt im Jänner 2007 antritt, fällt voraussichtlich erst in einer Stichwahl am 26. November. Denn um in der ersten Runde zu gewinnen, sind entweder über 50 Prozent der Stimmen nötig oder mindestens 40 Prozent mit einem 10-prozentigen Vorsprung gegenüber dem Zweitplatzierten. Der Präsident ist in Ecuador gleichzeitig Regierungschef. Neben dem Staatschef wird am Sonntag auch eine neue Volksvertretung (Congreso Nacional) bestimmt (APA/dpa/Reuters)