Nach dem Endergebnis der Nationalratswahlen, das die Grünen mit knappen Abstand zur FPÖ auf Platz Drei hievte, muss man sich auf der grünen Klubklausur am 19. und 20. Oktober auch Gedanken über die Besetztung einiger der wichtigsten Posten im Land Gedanken machen.

Der drittstärksten Partei steht nach einem ungeschriebenen Gesetz das Recht zu, den Dritten Nationalratspräsidenten zu stellen. Sicher ist, dass es eine grüne Präsidentin werden soll, als aussichtsreichste gilt die Justizsprecherin Terezija Stoisits. Schon vor vier Jahren wurde sie von den Grünen für dieses Amt nominiert, das aber den damaligen Dritten, der FPÖ zustand. Trotzdem bekam Stoisits bei der geheimen Abstimmung 40 Stimmen, obwohl nur 17 Grüne im Parlament saßen.

Stoisits selbst will eine mögliche Nominierung jedenfalls annehmen. Die Spekulation um ihre Person hält sie für gerechtfertigt: "Die Argumente für mich als Kandidatin haben sich in den letzten vier Jahren noch verfestigt." Entschieden sei aber noch nichts. Das würde spätestens auf der Klubklausur passieren.

Als weitere mögliche Kandidatin für das Amt der dritten Nationalratspräsidentin wurde in den Medien auch Ulrike Lunacek gehandelt, die sich auf der Standard.at-Anfrage ebenfalls nicht abgeneigt zeigte.

Grüner Volksanwalt vor 2007?

Ein zweiter bedeutender Posten könnte nach Meinung der Grünen schon früher vakant werden als angenommen. Ewald Stadler scheidet als Volksanwalt vor dem Ende der Funktionsperiode am 30. Juni 2007 aus. Laut Gesetz muss jene "im Nationalrat vertretene Partei, die dieses Mitglied namhaft gemacht hat" auch einen Nachfolger nominieren (B-VG Artikel 148g Abs 4). Noch-Volksanwalt Stadler geht davon aus, dass die FPÖ auch den Interims-Volksanwalt stellen wird.

"Wir lassen gerade rechtlich prüfen, ob tatsächlich nur die FPÖ nachbesetzen kann oder ob gleich die Grünen den Volksanwalt stellen können", so Peter Pilz auf derStandard.at-Anfrage. "Danach sehen wir weiter." Er selbst habe definitiv kein Interesse am Job des Volksanwaltes.

Verfassungsjurist Theo Öhlinger sieht das Nominierungsrecht bis 2007 "eindeutig" bei der FPÖ. "Daran kann man nicht ernsthaft zweifeln", so der Experte zur APA. Die Bestellung der neuen Volksanwälte nach Ablauf der Funktionsperiode liegt nach Meinung Öhlingers allerdings bei den Grünen. Laut Gesetz seien zwar die Mandate ausschlaggebend, "nach sachlichen Kriterien" wäre es aber den Grünen zu geben.

"Neuwahlen in Kürze"

Ewald Stadler bezweifelt allerdings, dass die Grünen je nomininierungsberechtigt werden. "Diese Frage wird sich gar nich stellen, weil die ÖVP es ohnehin auf Neuwahlen anlegt. Die ÖVP glaubt, die Wählerentscheidung so korrigieren zu müssen." Auch Peter Pilz glaubt an die Möglichkeit von Neuwahlen: "Hier zeichnet sich die schwächste Koalition seit 1945 ab. Wenn man eine Regierung will, macht man das anders." (mhe)