Nach vielen Wirrnissen und Umwegen liegt die Weltpräsidentin endlich in den Armen des Ministerpräsidenten. Walzerklänge setzen ein. Das Volk jubelt und weiß: Es wird alles gut. Jetzt.

 

Es hätte wirklich alles gut werden können, damals, 1952. Der Film, der so glücklich endete, wie er düster begann, hatte einiges für sich: Stars, ein hohes Budget, landesweite Unterstützung bei den Dreharbeiten. Und ein magisches Datum als Titel: 1. April 2000 – ein utopisch ferner Tag, weiter weg noch als jenes 1984, das ein britischer Schriftsteller als Romantitel gewählt hatte. Zugleich ein Aprilscherz. Zusammen also ein in die Zukunft projizierter Witz, ein Erfolgsrezept für Kinounterhaltung.

Ob der größte je von der Republik Österreich in Auftrag gegebene Film aber vor allem unterhalten sollte oder Meinung machen, ob er die Wirklichkeit überhöhen oder übertünchen wollte, darüber gingen schon bei den Vorbereitungen die Ansichten auseinander. Hinter dem von der Zersetzung bedrohten (aber längst in Videos hinübergeretteten) Zelluloid werden nun die Konturen einer aufwändigen Staatsaktion sichtbar. Sie war symptomatisch für die Lage der Nation (Nation?! Das war bereits eines der Anliegen) nach dem Zweiten Weltkrieg, für die Sehnsüchte der besetzten Republik.

Alle Welt gegen uns: 1948, am Beginn des Wiederaufbaus, befand der Ministerrat, dass es an der Zeit war, in Österreich eine Wochenschau einzuführen und einen „repräsentativen Propagandafilm“ zu drehen. Ein Beamtenkomitee wurde gebildet und ein Preisausschreiben veranstaltet, das nach Filmideen suchte: Insbesondere für die Vorführung im Ausland, so der Ausschreibungstext, sollten die kulturellen und landschaftlichen Schönheiten des Landes und seine Aufbauleistungen gezeigt werden. Es gab nicht einen Gewinner, sondern vier, und keiner ihrer Vorschläge wurde angenommen. Stattdessen wurden – proporzgemäß – Ernst Marboe vom Beamtenkomitee und der Schriftsteller Rudolf Brunngraber mit dem Verfassen eines Drehbuchs beauftragt. Für eine „dokumentarische Spielfilmkomödie“ schlug Bundeskanzler Figl den deutschen Regisseur Wolfgang Liebeneiner vor. Er wurde genommen (statt G.W. Pabst oder Willi Forst, die man auch in Erwägung gezogen hatte), obwohl er für seine Nazi-Propagandafilme bekannt gewesen war. Das aber war kein Thema. Wie im Österreich der beginnenden Fünfziger, so war auch bei den Vorbereitungen zum 1. April 2000 der Blick nur nach vorn gerichtet. Der Krieg und die jüngste Vergangenheit insgesamt wurden ausgeblendet zugunsten des einen Anliegens, das die Produktion bewegte: wie Österreich wieder ein souveräner Staat werden könnte.

Das geht teils recht komisch über die Bühne. Der Film spielt mit den formalen Ebenen und mischt Revue mit Dramatik. Doch er holpert. In kürzester Zeit wurde der Film tatsächlich abgedreht, hatte im November 1952 Premiere und, bis auf die kommunistische Presse, ein freundliches Kritiker-Echo. Die Hoffnungen auf internationale Vermarktung waren überzogen. Zwar lief der „1. April“ in mehreren Ländern an und hatte Achtungserfolge. Der amerikanische Markt aber blieb verschlossen. Hollywood seinerseits zeigte bald danach, wie man mit „österreichischem“ Material sowohl düster wie propagandistisch reüssieren kann: mit dem Dritten Mann und dem Sound of Music.

Der (hier gekürzte) Text erschien – im Zuge der damaligen Wende- und Sanktionen- gegen-Österreich-Debatte am 18. 3. 2000 im Standard- ALBUM. (Michael Freund)