In Österreich ist die Politik die Welt, in der der Sport seine Probe hält. Auch der neue große Vorsitzende Österreichs hatte vor seinem großen Match genau keine Chance, die Kommentatoren übertrafen einander gegenseitig in der Auflistung seiner Schwächen, in der Skizzierung seiner Chancenlosigkeit und in der vorauseilenden Analyse siner Niederlagenbewältigung.

Da die Geschichte nur ein Begriff dafür ist, was der Mensch im Laufe der Zeit nicht lernt, sei der Hinweis auf einen Parallelfall in der Vergangenheit gestattet: Im Übergang zwischen den 60er- und 70er-Jahren werkten Leopold Stastny und Bruno Kreisky an der Lüftung des Miefs unter den Talaren und Leiberln. Auch ihnen schlugen vorher haufenweise Ressentiments entgegen, inzwischen lächeln sie milde von ihrem Stockerlplatz im Österreich-Museum herunter.

35 Jahre später hat sich in das Land wieder eine schlampige Starrheit eingeschlichen, die Schattenwirtschaft trägt nach wie vor einen Gutteil des Landes und des Fußballs. Unter diesen widrigen Umständen muss Österreich demnächst den Beweis antreten, überhaupt noch spielfähig zu sein. Die Koalition mit den alten, abgearbeiteten Kräften ist eine Möglichkeit, auch nicht ohne Risiko, aber abschätzbar. Denn schließlich weiß jeder, wie Didi Kühbauer arbeitet. Oder der Chef nimmt sich selbst ernst und macht, was er vorhat.

Auch das Nationalteam hat ja wie das Land rundherum eine Zeit der behaupteten, aber in der Realität nie eingelösten Reform hinter sich. Es wird Zeit, sich selber beim Wort zu nehmen, und Liechtenstein ist nur ein Anlass dafür. Es besteht gar kein Grund, Angst zu haben, außer vor seiner eigenen Mutlosigkeit. (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 6. Oktober 2006, Johann Skocek)