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Flinke Bilanziererfinger haben aus einem Minus von 106 Millionen eines von 38 Millionen Euro gemacht. Allein die Bankschulden der ÖGB-Gruppe betragen 2,1 Mrd. Euro.

Foto: Reuters
Wien – Nächsten Mittwoch, neun Uhr, treten die Mitglieder des ÖGB-Bundesvorstands zusammen, um die (bis dahin testierte) tiefrote ÖGB-Bilanz 2005 abzusegnen. Die Eckdaten: 38 Mio. Euro Nettoverlust, ohne Auflösungen wären es 107 Millionen gewesen. Zum Vergleich: 2004 hatte der ÖGB einen kleinen Gewinn von 30.833 Euro ausgewiesen.

Die Funktionäre bekommen vorweg Details aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (G&V) zu Gesicht: per Brief samt Erläuterungen. Vorgelegt bekommen sie aber „nur die ÖGB-Bilanz“, weil „wir keine Konzernbilanz erstellen (müssen)“, wie es heißt. Nicht inkludiert: Die Bilanzen der Anteilsverwaltung Bawag (AVB; sie ist die „alte“ Bawag mitsamt 1,5 Mrd. Euro Schulden), der Solidarität Privatstiftung (samt leerem Streikfonds und 200 Mio. Euro Schulden) und der ÖGB Vermögensverwaltungs Gesellschaft (ÖVV; 400 Mio. Schulden).

Die ÖGB-Zahlen im Detail: Die Aktiva haben sich um 66 Mio. auf 231,7 Mio. Euro verringert, was fast zur Gänze „durch die Abwertung der Anteile an vom ÖGB beherrschten Unternehmungen hervorgerufen wurde“. Dabei geht es um die Abwertung der ÖVV, „wo wir durch den Kriminalfall Bawag eine Wertberichtigung vornehmen mussten“. Heftig verringert haben sich auch die Forderungen des ÖGB, und zwar um 34,8 auf 37,9 Mio. Euro, was „im Wesentlichen“ mit dem Ausfall der Bawag-Dividende 2005 zu erklären sei.

Das negative Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) erreichte 106 Mio Euro (nach einem Plus von 1,4 Mio. im Jahr davor) und wurde nur dank Auflösung von Rücklagen in der Höhe von 68,7 Mio. Euro – in altem Geld: eine Milliarde Schilling – teilweise abgedeckt. Massiv erhöht haben sich die Pensionsrückstellungen (um 15,5) auf 232,7 Mio. Euro, wegen „versicherungsmathematischer Berechnungen“.

Die Schulden des ÖGB bei seiner Bank Bawag haben sich um 35 (auf neun) Mio. Euro reduziert: Offenbar wurde die 2004er-Bawag-Dividende zur Schuldenabdeckung verwendet. Die Verbindlichkeiten gegenüber „beherrschten Unternehmen“ haben sich auf 14 Mio. Euro erhöht.

Die wichtigsten Punkte der G&V-Rechnung: Die Mitgliedsbeiträge wuchsen um drei Mio. auf 193 Mio. Euro, die Erträge aus Wertpapieren sind dagegen um 32 Mio. Euro gesunken, was mit dem Dividendenentfall begründet wird. Stark gestiegen – um 92 Mio. Euro – sind die Aufwendungen aus Finanzanlagen und Wertpapieren, was sich aus den Beteiligungsabschreibungen ergeben hat.

Thematisiert wird auch der „Schuldenstand der Gruppe“, der mit 2,141 Mrd. Euro beziffert wird. Allerdings geht es explizit nur um die „Bankverbindlichkeiten“. Über die (nicht unwesentlichen) „Haftungsverhältnisse der ÖGB Gruppe“ wird am nächsten Mittwoch mündlich referiert.

Der ÖGB bestätigte, dass die Zentrale in Wien an die deutsche Immobilienfondsgesellschaft Pramerica Real Estate Investors verkauft wurde – laut Wirtschaftsblatt um 48 Mio. Euro. Flinke Bilanziererfinger haben aus einem Minus von 106 Millionen eines von 38 Millionen Euro gemacht. Allein die Bankschulden der ÖGB-Gruppe betragen 2,1 Mrd. Euro. (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 6.10.2006)