Das müssen S’ Ihnen
so vorstellen: Da schauen Sie nur mit einem Aug hin, weil die ganze Aufmerksamkeit gerade beim nächsten Futterfassen ist. Was Sie im Augenwinkel sehen, ist ein Postler auf seinem Weg zur Arbeit. Und auf einmal geht neben Ihnen die Post ab. Aber in echt. Weil das Postkastl auf Rädern entpuppt sich plötzlich als gelbe BMW F 800 S. Paralleltwin. Riemenantrieb. Pöhse Optik. Hätten S’ halt g’scheit g’schaut.
Nach der
Piaggio X8 klingt die BMW auf einmal wie ein Motorrad. Eh BMW-typisch rattert sie vor sich hin. So unterschiedlich ist der Sound eines Boxers zu dem eines Paralleltwins ja nicht. Und der Riemenantrieb soll 40.000 Kilometer lang wartungsfrei sein. Kein Kettenfett mehr. Na wie klingt das? Fein, hm? Wie die BMW nach der X8. Eben.
Aber genug
der Lobhudelei. Schelte muss sein. Ich meine, das gibt es ja nicht. Da kann man an dem Gefährt genau nix herummosern. Passt quasi alles. Außer den BMW-Schaltern für die BMW-Blinker. Mag sein, dass man sich als Besitzer eines solchen Radls gern daran gewöhnt, weil es einfach anders ist.
Aber ich? Nein.
Und ich gebe zu, ich blinke nun wirklich nicht oft. Weil ich immer nur geradeaus fahre. Logisch. Aber bei BMW ist genau die Hupe dort, wo normalerweise der Blinkerschalter ist. Das müssen S’ Ihnen so verstellen: Da hupt Sie ganz auf cool ein Salzburger Postler an, bevor er Sie schneidet. Das kann es nicht sein, oder?
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Ansonsten, wie gesagt,
darf man eh nicht schimpfen. Da hab ich Fehler und Mängel gesucht. Nix. Grad der Lenkungsdämpfer hat ein wenig gequietscht, wenn man am Stand stark eingeschlagen hat. Da hat es rundherum aber leise sein müssen, damit man das gehört hat. Nur der Blinker halt. Apropos Blinker: Die F 800 S hatte ja zwei hübsche und praktische (solang man damit nicht in der Stadt zwischen den Autokolonnen durchsticht) Koffer montiert, als ich sie bekam. Die hab ich aber runtergetan, weil ich fürchtete, Passanten würden versuchen, Briefe reinzuschmeißen.
Kaum waren die Koffer weg,
hat mir irgendein Vollkoffer den hinteren linken Blinker runtergerissen. Danke an dieser Stelle, an den Kasperl, der sich nicht gleich gemeldet hat. Da wäre ich nämlich gar nicht sauer gewesen. Kann ja passieren, dass man einmal irgendwo versehentlich ein Astl abbricht.
Aber
wenn sich eine/r dann so feige schleicht wie ein Flatus, dann träum ich schon davon, einmal so einen Jemand dabei zu erwischen. Den Schaden an der BMW hätte jede Haushaltsversicherung übernommen. Jetzt bleibt es halt an einem Unschuldigen hängen. Mördermutig.
Spielen wir doch weiter
im psychologischen Exkurs. Weil das kam so: Graf Foto wollte unbedingt die Bilder mit bewegter Kamera aufnehmen. Also haben wir den Buben auf den Beifahrersitz eines Autos gesetzt. Was glauben Sie, wie lange es dauert, bis man auf einen Mann trifft, der, ob eines aus dem Autofenster hängenden Fotografen und einem auf halbstark machenden Vollidioten auf einer gelben BMW meint, dass er mitspielen darf? Genau. Keine zehn Minuten.
In unserem Fall
handelte es sich um einen charmanten Porschefahrer, der rein äußerlich alle ihm angedichteten Klischees perfekt erfüllte. Wir mussten dann, wegen einem kleinen Hatzerl zwischen deutschen Qualitätsarbeiten, den Graf Foto Fotograf sein lassen. Natürlich alles unter Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen. Na, da haben sowohl BMW als auch Porsche eine gute Figur gemacht. Und der Porschefahrer auch. Hat gar nicht vom Lenkradl abgebissen. Zumindest nicht solange ich ihn sehen konnte.
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Die etwa 3,5 Sekunden
von 0 auf 100 der doch sportlichen BMW sind eine Vorgabe. Rahmen und Fahrwerk sind BMW-typisch schlicht makellos. Die Bremsen ebenso. ABS. Eh klar. Nur nach dem Wheelen hat die Vorderbremse einmal kurz gebockt. Harmlos. Aber die Amaturen. Jessas. Das Mäusekino spielt alle Stückeln. Sagt einem sogar wie viele Kilometer ohne zu tanken noch drinnen sind.
Aber hüten S’ Ihnen,
da einmal in der Nacht drauf zu schauen. Das orange Leuchten der wirklich nicht hübschen Armaturen schlagt (Uff. Da platzt mir jetzt eine kleine Krampfader. Aber soll sein. Da deine Leser dialekttechnisch eh mitkommen, lass ich’s durchgehen. Anm. der Lektorin) sich nämlich gewaltig mit dem Gelb des Motorrades. Nein, das gingerte besser. Hat aber auf das Fahrverhalten keine Auswirkung, stellte ich fest.
Die BMW-Klientel
kann sich über einen neuen sportlichen Paralleltwin freuen, der alle Ansprüche erfüllen und manche auch noch übertreffen wird. Nicht-BMW-Fanatiker werden sich über das einfache Handling freuen und den agilen Motor ins Herz schließen aber über die Plastikbeule – dort, wo andere Motorräder ihren Tank haben – schimpfen. Die BMW tankt man nämlich am Heck.
Die Koffer
sind einfach an- und abzubauen und ideal für eine Tour die schon einmal ein paar Übernachtungen inkludiert. Damit wird BMW jedenfalls neue Käuferschichten erschließen. Ganz sicher. (Text: Guido Gluschitsch Fotos: Wolf-Dieter "Graf Foto" Grabner, derStandard.at, 4.10.2006
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BMW Motorrad
>>> Technische Daten
BMW F 800 S
Preis: EUR 9.950,-
Motor: Zweizylinder-Motor, 4-Takt, 4 Ventile. Hubraum: 798 ccm. Leistung: 62,5 kW/ 85 PS bei 8000 U/min. Max. Drehmoment: 86 Nm bei 5800 U/min. Sechsgang-Getriebe. Telegabel vorne, Alu-Einarmschwinge hinten. Bremsen: Zwei Scheiben vorne, eine hinten. Sitzhöhe: 820 mm. Trockengewicht: 187 kg. Tank: 16 l.