Wien - Die österreichischen Automobilclubs kritisieren die zunehmenden Rückrufaktionen der Autoindustrie. "Während es im Jahr 2000 noch 40 Rückrufe im Jahr gegeben hat, waren es heuer allein im ersten Halbjahr bereits 80. Bis Jahresende könnten wir erstmals die 100er Marke überschreiten, was ein neuerlicher Negativ-Rekord wäre", so ÖAMTC-Techniker Erwin Dobias.

Das Ansteigen der Defekte bei Neufahrzeugen sieht er als besorgniserregend. "Wenn man bedenkt, dass bei Rückrufaktionen nur sicherheitsgefährdende Bauteile betroffen sind, ist die große Zahl der Rückrufaktionen besonders alarmierend." In die gleiche Kerbe schlägt auch der ARBÖ: Es könne nicht sein, dass die Autokäufer auf Grund immer kürzerer Präsentationsintervalle neuer Fahrzeuge als unfreiwillige "Testfahrer" herhalten müssten.

Waren im Vorjahr Elektronikpannen noch für jede zweite Fahrzeug-Rückrufaktion verantwortlich, nehmen nun mechanische Defekte zu. "Im ersten Halbjahr 2006 entfielen 27 Prozent auf Elektronik/Elektrik-Mängel und 73 Prozent auf mechanische Defekte", so der ÖAMTC. Eine Entwicklung, die auch der ARBÖ beobachtet.

Der ÖAMTC wirft der Industrie vor, zu spät und zu wenig die Autobesitzer zu informieren, offensichtlich um Imageschäden zu verhindern. "Allzu oft werden solche Mängel bagatellisiert", erklärte Dobias. So würden einige Hersteller behaupten, dass etwa der Ausfall einer Servounterstützung für Lenkung oder Bremse die Funktionalität nicht beeinträchtige, sondern lediglich die Brems- und Lenkkräfte etwas höher werden. "Tatsache ist aber, dass z.B. ein zwei Tonnen schwerer Geländewagen auf einer kurvenreichen Passstraße bei Ausfall einer der genannten Unterstützungen vom Fahrer kaum mehr kontrolliert werden kann. So etwas kann lebensgefährlich werden", warnt der ÖAMTC-Experte in einer Aussendung.

Der ÖAMTC spricht sich dafür aus, dass künftig eine Kommission aus Vertretern des Verkehrs- und Konsumentenschutzministeriums, des Fachverbandes der Automobilimporteure, des VKI sowie der Autofahrerclubs darüber entscheidet, ob eine Rückrufaktion gesetzt wird. Denn derzeit würde die Industrie oft nur "Werkstättenaktionen" durchführen, da sie bei diesen im Gegensatz zu Rückrufen nicht Ministerien und Versicherungen verständigen müssten. Die Folge wäre, dass Zweit- und Drittbesitzer von Fahrzeugen von den Mängeln oft gar nichts wüssten, weil sie in den Werkstätten-Kundenlisten nicht aufscheinen.

Der ARBÖ sprach sich für eine grundsätzliche Stärkung der Konsumentenrechte aus. Ein besonderes Anliegen sei der Schutz vor "Montagsautos", also Neufahrzeugen mit gundlegenden Mängeln. Hier gebe es für die stolzen Neuwagenbesitzer zwar jede Menge Ärger, aber kein neues Autos. Stattdessen müssten Autobesitzer immer und immer wieder in die Werkstatt, um die Mängel zu beheben. Die Reparaturen würden zwar gratis ausgeführt, eine Entschädigung für den Zeitaufwand und den Ärger gebe es aber in den wenigsten Fällen. (APA)