Jessica Hausner: Vor zwei Wochen ist ihr neuer Langfilm auf der Diagonale gelaufen und wurde prompt mit dem Großen Preis des Festivals und mit dem Thomas-Pluch-Drehbuchpreis ausgezeichnet, in den österreichischen Kinos läuft Hotel gerade an. Die Geschichte einer jungen Rezeptionistin, die es in ein schummriges Hotel verschlägt.

 

Mitten im Wald liegt es, mit Bäumen ringsum, die so senkrecht dastehen, als wäre jeder einzeln in die Erde gerammt. Ein Film, dunkel, geheimnisvoll und vom tiefen Gefühl der Erstarrung und Verlorenheit geprägt. (...) Einsamkeit, zwischenmenschliche Leere, Kommunikationslosigkeit: Das sind die klassischen Hausner- Themen, von ihrem ersten Kurzfilm Flora an, den sie 1996, damals noch als Studentin der Wiener Filmakademie, drehte, über Inter-View, einem 45-Minuten-Film über einen Mann, der Passanten auf der Straße um Definitionen von Glück befragt, bis hin zu Hotel.

Sie sind es auch, die die inhaltliche Brücke schlagen zu der mittlerweile breiten Reihe ihrer Mitstreiter. Von der „österreichischen Nouvelle Vague“ sprach man in Filmkreisen, als die Gruppe rund um Hausner (geb. 1972 in Wien), Barbara Albert oder Ruth Mader vor einigen Jahren gleich mit einer ganzen Reihe von Filmen hervorgetreten ist. „Die nächste Generation übernimmt das Ruder“, stand in der Presse zu lesen. Plötzlich lief da wieder etwas Hausgemachtes in den heimischen Kinos, worüber gesprochen wurde – und das man gesehen haben musste. Neben Alberts Nordrand war es auch Lovely Rita, Hausners Teenagertragödie, die eine eigene Sprache erkennen ließ. Ein mit Amateuren und auf Videomaterial gedrehter Film rund um ein Mädel (Barbara Osika), das weder mit sich noch mit seiner Umgebung zurechtkommt.

(...) „Ja, da ist schon etwas, das uns eint, wie und welche Geschichten wir erzählen“, sagt Hausner über ihre Generationskollegen in der heimischen Filmlandschaft, und: „Natürlich gibt es einen österreichischen Film.“

Gemeinsam mit Albert, Antonin Svoboda und dem Kameramann Martin Gschlacht, der sowohl bei Lovely Rita als auch jetzt bei Hotel hinter der Kamera stand, gründete Hausner vor einigen Jahren die Produktionsfirma coop 99, ein auf Arthouse- Filme spezialisierter Zusammenschluss, der mit der Koproduktion von Hans Weingartners Die fetten Jahre sind vorbei einen großen Erfolg verbuchte.

Wollte man die gemeinsame inhaltliche Ausrichtung benennen, dann könnte man von den aus dem (Wiener) Leben gegriffenen Geschichten erzählen, von der authentischen Bildsprache und den „wahren“ Figuren. „Von Sozialrealismus zu reden ist schwierig, Hotel passt zum Beispiel gar nicht in dieses Schema“, sagt Hausner und erzählt dann lieber von der coop als ihrer Arbeitsfamilie: „Wir beraten uns, wir helfen uns, wir stehen uns gegenseitig bei.“

Jessica Hausner im Porträt, Fürs RONDO vom 1. 4. 2005 wurde die Regisseurin zum Fotoshooting vor die Kamera gebeten (Textauszug).