Sekundanten
Aber der Sound spielt an diesem Abend keine Rolle, denn das Publikum retourniert die Refrains sämtlicher Hits von "Mr Brightside" über "Somebody Told Me" bis "When You Were Young" in ebenbürtiger Lautstärke. In einer Kombination aus rotem Smoking und schwarzen Jeans gibt Sänger und Keyboarder Brandon Flowers zwischen seinen eher statischen Sekundanten an Bass und Gitarre einen passablen Frontmann ab.
Aber die enthusiastische Seele der Band ist eindeutig der schnauzbärtige Schlagzeuger Ronnie Vannucci auf dem Podest hinter ihm. Als sich nach Verklingen des bombastischen Schlussakkords die Menge durch die Aula schiebt, erhebt sich in Fußballplatzmanier der Chor "I've got soul, but I'm not a soldier". Was genau diese Zeilen heißen sollen, wisse zwar niemand, schreibt am nächsten Tag die Blackpool-Gazette in ihrer Rezension, aber das Gastspiel der Killers sei zweifellos das größte Konzert seit Jahren gewesen.
Heimat Las Vegas
Die Idee der CD-Firma, der versammelten Weltpresse ausgerechnet hier das Nachfolge-Album zum fünf Millionen Mal verkauften Debüt "Hot Fuss" zu präsentieren, beruht auf dem Missverständnis, Blackpool sei das englische Gegenstück zu Las Vegas, dem Heimatort der Killers.
In Wahrheit sind seine gealterten Alleinunterhalter und verlotterten Fish-&-Chips-Buden die genaue Antithese zur im Titelsong von "Sam's Town" beklagten, wurzellosen Erneuerungswut der US-Casino-Metropole. "Natürlich ist es aufregend, wenn in Las Vegas ständig neue Häuser aus dem Boden schießen", erklärt Brandon Flowers beim Interview. "Aber mittlerweile denken wir oft schon nostalgisch daran zurück, was vor zwei Wochen passiert ist."
Paradoxes Statement
Das bestürze ihn, meint Flowers ironielos, weil jene Nostalgie besser in Dinge investiert wäre, die vor fünfzig Jahren geschehen seien. "Meine Eltern sind 65, und ich teile ihre Werte. Sie kommen noch aus der guten alten Zeit. Heute gibt es keine Achtung vor normalen Menschen mehr. Jeder will berühmt sein."
Ein eher paradoxes Statement für einen Popstar, noch dazu, wo seine mit ihren effektiv vermengten Anleihen bei Bands wie U2, New Order oder Oasis bisher nicht gerade das Erbe der US-Tradition hochgehalten hat. Aber seit "Hot Fuss" wurden "neue Zutaten in den Eintopf geworfen": Die dicht arrangierten Chöre der Cars, die amerikanisierten Beatles-Harmonien eines Tom Petty und der dramatische Pathos des frühen Springsteen.
"Es ist traurig genug, dass ich erst 24 werden musste, bis ich endlich Springsteen kennen lernte", meint Flowers, "aber jetzt ist er mein neuer Morrissey. Ich verstehe, wovon er spricht, während ich bei Morrissey oft im Wörterbuch nachschlagen musste." Die musikalische Umorientierung der Killers geht offenbar mit einer Neuentdeckung patriotischer Gefühle einher.
Schlacht um die Herzen