Grafik: DER STANDARD
Wer künftig wie viele Vertraute im wichtigsten Aufsichtsgremium des größten heimischen Medienunternehmens hat, lässt sich errechnen (Grafik, DER STANDARD berichtete): Rote statt schwarze relative Mehrheit auch dort.

Medienpolitische Folgen einer großen Koalition sind nicht ganz so klar. Der voraussichtliche Juniorpartner VP hat all das eingeführt, wogegen die SP besonders wetterte.

Nur die 2001 erfundene Faxwahl von ORF-Publikumsräten, zweimal VP-Schlappe, fanden Rot und Schwarz zuletzt nicht wirklich genial.

1. Der ORF

Das Machtinstrument ORF lag der SP stets am Herzen, daher verzögerte sie Privatsender über Jahrzehnte und ließ (mit VP-Segen) nur regionale und lokale Sender gegen das bundesweite Ö3 antreten.

Die VP erlaubte 2001 mit FP/BZÖ bundesweites Privat-TV über Antenne und überregionales Privatradio. Willkommene Ablenkung von ihrer Machtübernahme im ORF.

Um Privaten den Funken einer Chance zu lassen, beschränkte die VP Sonderwerbeformen wie Product Placement im ORF, die mancher Schleichwerbung nennt.

Die SP protestierte seit 2001 oft gegen Werbebeschränkungen. Ihr Wiener Arm versuchte gar, die engen Werbegrenzen für Zeitungen und Magazine beim Verfassungsgericht auszuhebeln. Erfolglos.

Schub aus TV-Werbung nützte vor allem Wolfgang Fellners etwas zäh gestarteter Zeitung, der den Sozialdemokraten traditionell nahe steht.

SP-Mediensprecher und Klubchef Josef Cap sagt, er warte auf Vorschläge der neuen ORF-Führung (Sozialdemokrat Alexander Wrabetz wünscht sich ihre Lockerung). Cap verweist aber auch auf die frühere "Gesprächsebene" zwischen Zeitungsverband und ORF. Konsens dieser "Medialpartner" setzte die rot-schwarze Medienpolitik der Achtziger- und Neunzigerjahre stets gern in Gesetze um.

2. Die Medienbehörde

Cap wetterte über die "Metternichbehörde". Nun sagt er dem Standard, er wolle "vor allem die KommAustria kritisch durchleuchten" und dass sie Weisungen des Kanzlers unterliegt. Das zu ändern, braucht es eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat. Die SP verweigerte sie bisher.

KommAustria und Bundeskommunikationssenat bewährten sich etwa, indem sie Werbeübertretungen des ORF verfolgen.

3. Die Förderungen

In ihrem Wahlprogramm verspricht die SPÖ eine Reform der von der ÖVP reformierten Presseförderung. Cap will auch nicht kommerzieller Radios subventionieren.

Als Erstes spricht Cap von Verbesserungen der "Unabhängigkeit journalistischer Arbeit". Wo war sie in den vergangenen Jahren aus seiner Sicht behindert? Cap fällt der bürgerliche TV-Chefredakteur Werner Mück ein. Der ist in der ORF-Information mit dem neuen Generaldirektor Geschichte, der sich auch dezentral geführte "ZiBs" wünscht.

Wrabetz wurde noch ohne neue SP-Mehrheit im Stiftungsrat ORF-Boss. Mit mehr Rot im Rat regiert er den Küniglberg künftig leichter. (fid/DER STANDARD; Printausgabe, 3.10.2006)