Wien - Bundespräsident Heinz Fischer hat beim Verfassungstag am Montag nach der Nationalratswahl zu einer Debatte über die "Exekution der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes" angeregt. Auf den Ausgang der Wahl ging der Präsident laut seiner der APA vorliegenden Rede nicht. Er meldete in diesem Zusammenhang allerdings Bedenken gegenüber einer Änderung des Wahlprüfungssystems an, wie sie nach dem Streit um die Besetzung der Wahlbehörde debattiert und auch von VfGH-Präsident Karl Korinek thematisiert wurde.

Ohne den Streit um die Kärntner Ortstafeln direkt anzusprechen, verwies Fischer darauf, dass es "weit mehr nicht exekutierbare, als exekutierbare Entscheidungen des VfGH gibt". In vielen Fällen - vor allem im Normenprüfungsverfahren - sei eine Exekution "entweder überhaupt nicht oder nur unter nicht wirklich präzise geregelten rechtlichen Voraussetzungen möglich", so Fischer.

Keine Lösung für alle Fälle

Das betreffe auch das Zusammenwirken zwischen Bundespräsident und VfGH bei der Exekution. "Eine solche ist ja nach dem Verfassungstext ohne Antrag des Verfassungsgerichtshofes nicht zulässig. Hingegen lässt es der Verfassungstext offen, in welchem Umfang der Bundespräsident sich an den vom Gerichtshof vorgeschlagenen Maßnahmen zu orientieren hat." Bisher aufgetretene Exekutionsfälle hätten meistens Kostenfragen betroffen, für die der Bundespräsident üblicherweise die ordentlichen Gerichte mit der Vollstreckung betraut habe. "Dies ist aber keine Lösung für alle Fälle", so Fischer, der dazu anregte, bei der Weiterentwicklung oder Neugestaltung der Bundesverfassung auch das Thema "Exekution der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes" auf den Tisch zu bringen.

Fischer übte wohl in Anspielung auf die Weigerungen Kärntens, VfGH-Erkenntnisse zu den Ortstafeln umzusetzen, erneut Kritik: "Mir ist nicht bekannt, dass es in der Verfassung eine Institution gibt, die die Befugnis hätte, darüber zu entscheiden oder sich auszusuchen, ob ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu befolgen ist oder nicht." Erkenntnisse des VfGH seien "zu respektieren und zu befolgen", so der Präsident.

Über die zuletzt debattierte Änderung des Wahlprüfungssystems und die von Korinek angeregte Möglichkeit, in einem beschränkten Umfang Entscheidungen des VfGH bereits im laufenden Wahlverfahren zuzulassen, zeigte sich Fischer skeptisch. Er stehe diesem Gedanken "grundsätzlich positiv gegenüber", meinte Fischer, gab aber zu bedenken, dass durch eine solche Systemänderung die Fristen, zwischen dem Beschluss auf vorzeitige Beendigung einer Gesetzgebungsperiode und dem tatsächlichen Wahltag, eventuell verlängert werden müssten. Es stelle sich auch die Frage, ob eine solche Änderung nicht konsequenter Weise auch in anderen Bereichen angedacht werden müsste, etwa die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen vor deren Kundmachung. "Und das wäre eine Systemänderung, die man sehr, sehr sorgfältig überlegen müsste", so Fischer. (APA)