Der Kunstverein Medienturm setzt bei "Further Processing" auf Computer als Quelle von Bildern.

Foto: steirischer herbst

Graz – Nach einigen Ausflügen zu anderen Medien der Kunst kehrt der Kunstverein Medienturm hier mit "Further Processing" zu einem der ureigensten Medien seines Präsentationsspektrums zurück. Den Begriff von Open Source aufgreifend, nimmt die Ausstellung ihren Ausgangspunkt bei der Computersoftware Processing, die 2001 von C.E.B. Reas und Ben Fry entwickelt wurde und im Gegensatz zu anderen höchst komplizierten Programmen auf einfache Eingabe und Benutzung zur Generierung von Bildern und Animationen setzt, deren bekanntestes in den 1990er-Jahren wohl die Mandelbrot-Menge war.

Die hier gezeigte generative Kunst spielt mit Systemen und produziert Bilder, wobei einerseits keinesfalls auf die medientechnologische Grundlage vergessen wird, andererseits aber auch nicht auf die ästhetische Wirkung der Arbeiten, was bei Medienkunst ja nicht immer selbstverständlich ist.

So entstehen bei Martin Wattenbergs "Thinking Machine" Grafiken, indem der Computer beim Schachspiel alle Zugmöglichkeiten als farbige Linien darstellt, die sich bald wie zarten Fäden über das Schachbrett ziehen. Bei Mark Napiers "Genesis (7 bit)" generiert sich ein immer dichter werdendes Linienbündel anhand der Verse aus der Genesis, wobei die Buchstaben als Koordinaten dienen.

Verdichtung ist bei beiden Arbeiten das grafisch-ästhetische Konzept. Einen analytischen Ansatz weist hingegen die Arbeit „The Dumpster“ von Golan Levin auf. Blogs von Jugendlichen aus den USA, die sich in erster Linie über das "Wer mit wem" und darüber, wer gerade mit wem Schluss gemacht hat, austauschen, sind als Bläschen im luftleeren Raum dargestellt. Und so kann man mitverfolgen, was die Teens so bewegt.

Genetische Codes

Ebenfalls im Bereich der Analyse spielt sich die Arbeit von Ben Fry ab, der mit "Isometric Blocks" Segmente von genetischen Codes visualisiert. Die Wissenschaftlichkeit der Arbeit tritt dabei gegenüber der grafischen Darstellung völlig in den Hintergrund, ohne ihre Bedeutung zu verlieren.

Über die Darstellung von generativen Prozessen am Computer geht Fabio Franchino hinaus. "Unfinished Wall" beschreibt ein Muster, das bis zur Unendlichkeit fortgesetzt werden kann. Dieses wird auf quadratische Platten gedruckt, die immer weiter aneinandergereiht werden könnten.

Das grafische Design, das höchste ästhetische Komplexität aufweist, steht bei allen Arbeiten an der Schwelle zwischen elektronischer Bildkultur und Tradition von Zeichnung und Malerei. Trotz ihrer technischen, vielleicht nicht von allen BesucherInnen nachvollziehbaren Grundlage ist "Further Processing" die am leichtesten rezipierbare Ausstellung im Rahmen des heurigen Ausstellungsprogramms des diesjährigen steirischen herbstes.

Und dies nicht nur wegen der Zusammenstellung der Arbeiten und der Wahl der Thematik, sondern vielmehr der Stringenz der Präsentation und der Klarheit der Aussage wegen. (Nora Theiss / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.10.2006)