Wien - Wenn heute, Montag, im Forschungszentrum Seibersdorf der neue, zweite Geschäftsführer Hans Rinnhofer offiziell seinen Dienst antritt, herrscht politisch eine andere Stimmung als bei seiner Bestellung im Mai.

In dem vom BZÖ-Vizekanzler Hubert Gorbach geführten Mehrheitseigentümer Infrastrukturministerium war die Nervosität ob eines allfälligen Machtwechsels groß - und die bisher selbstbewusst auftretenden Parteifunktionäre im Beamtenapparat auffällig ruhig und zurückhaltend.

Forschungssektion unter Kuratel

Über mögliche Auswirkungen der Wahl, konkret den Machtverlust des BZÖ, auf das operative Geschäft der Ministerien wurde innerhalb der Regierung bereits im stillen Kämmerlein beraten. Als wahrscheinlich bezeichneten hohe Beamte, dass das wirtschaftlich wichtige Infrastrukturressort bis zur Regierungsbildung vorübergehend dem Wirtschaftsminister unterstellt wird. Damit stünde die von FPÖ-Funktionären und Burschenschaftern dominierte Forschungssektion während des Interregnums unter Kuratel und hätte keinerlei Möglichkeit, Kündigungen auszusprechen oder Weisungen des BZÖ-Ministers mehr zu erhalten.

Deutlich weniger komfortabel wäre damit auch die Situation der zahlreichen FPÖler in Seibersdorf, als deren Frontmann Gesamtprokurist Martin Graf gilt. Er rühmte sich in Inseraten im Donaustädter Bezirksjournal, "in den vergangenen 20 Jahren so viele Arbeitsplätze nach Floridsdorf und Donaustadt gebracht" zu haben, wie kein anderer Politiker. Damit dürfte er die Übersiedlung des Prüfzentrums Arsenal auf die Paukergründe und der Austrian Research Centers (ARC-Holding) samt Ablegern wie der Systemforschung meinen.

Deren Übersiedlung nach Transdanubien war freilich längst beschlossen, ehe Graf im Mai 2004 zum Geschäftsführer der nun wieder aufgelösten ARC-Tochter Business Services bestellt wurde.

Süßer Abschied

Ob Graf selbst, der am Montag den Einzug ins Parlament wieder schaffte, weiterhin Mitglied der erweiterten Geschäftsführung in Seibersdorf bleiben wird, ist offen. Die Industriellenvereinigung ließ bereits wissen, dass sie das nicht goutieren würde. Im Gegenteil, als Nationalratsabgeordneter würde sich Graf als 50,46-Prozent-Eigentümer des Forschungszentrums quasi selbst kontrollieren. Für einen süßen Abschied ist jedenfalls vorgesorgt: Die ARC müssten Graf seinen Dreijahresvertrag auszahlen, das wurde ihm garantiert. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.10.2006)