Clemens Schneider will die Bawag heuer verkaufen. Nicht nur wegen der ÖGB-Bilanz, sondern auch weil der Finanzminister 2007 mehr beim Verkauf mitreden könnte.

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Infografik: Der ÖGB und sein Finanzimperium

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Für 2007 stellt er im Gespräch mit Renate Graber gar ein ausgeglichenes Ergebnis in Aussicht.

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STANDARD: Der ÖGB schrieb 2005 rund 38 Mio. Euro Verlust; brutto 107 Millionen. 2006 soll noch schlimmer werden.

Schneider: Letzteres ist ein Schmarrn. Wir haben für 2005 freie Rücklagen von 70 Millionen Euro aufgelöst, und wenn man bedenkt, dass der ÖGB keine Bawag-Dividende bekommen hat und alle Bawag-Verluste verdaut sind, ist diese Bilanz gar nicht so schlecht.

STANDARD: Die Solidarität Privatstiftung und die Vermögensverwaltung müssen auch einen Teil der Bawag verdauen. Wie schauen deren Bilanzen aus?

Schneider: Über die reden wir nicht.

STANDARD: Ist die Existenz des ÖGB nicht massiv gefährdet?

Schneider: Es besteht keine Insolvenzgefahr. Das lassen wir einmal im Monat von Insolvenzrechtsexperten prüfen.

STANDARD: Zurück zur Bilanz: Wieso hatte der ÖGB 70 Millionen Euro an freien Rücklagen zur Verfügung? Und wie setzen sich die 107 Millionen Euro zusammen?

Schneider: Die 70 Millionen erklären sich daraus, dass Ex-Finanzchef Günter Weninger ein guter Bilanzierer war; er hat dann nur Fehler gemacht. Der größte Teil des Minus kommt aus Bewertungsverlusten. Wir mussten ja massiv Beteiligungen abwerten.

STANDARD: Wie furchtbar wird die Bilanz 2006 aussehen?

Schneider: Sie wird okay sein, zumal wir dabei sind, Immobilien zu verkaufen und den ÖGB zu konsolidieren. Übrigens sind die Mitgliedsbeiträge um vier auf 192 Millionen Euro gestiegen, das hat das Präsidium der Öffentlichkeit nicht verraten. Eine rote Null werden wir 2006 aber trotzdem nicht schreiben. Wenn ich das zusammenbrächte, könnte ich ja gleich Finanzminister werden.

STANDARD: Apropos: Wen haben Sie gewählt?

Schneider: Sehr witzige Frage. Die SPÖ.

STANDARD: Für 2007 kündigen Sie eine ausgeglichene Bilanz an. Meinen Sie das ernst?

Schneider: Klar, zumal wir die Bawag noch heuer verkaufen wollen. Und der Verkaufsprozess läuft gut, wenn er nicht grade vom politischen Geplappere gestört wird. Ich gehe davon aus, dass der Steuerzahler nicht zur Kassa gebeten wird.

STANDARD: So spendabel, die potenziellen Käufer?

Schneider: Wir sind mit dem Verhandlungsstand jedenfalls zufrieden.

STANDARD: Würden Sie gern an die Bayern LB verkaufen?

Schneider: Mir ist jeder anständige Käufer willkommen, der die Bank nicht zersäbelt.

STANDARD: Das haben Sie aber nicht in der Hand.

Schneider: Eh nicht. Das wäre so, als würde ich dem Käufer meines Autos das Versprechen abnehmen, nicht betrunken zu fahren. Und tags darauf knallt er dann gegen einen Baum.

STANDARD: Der Finanzminister ist gegen den Verkauf an einen Hedgefonds. Wie schaut sein Mitspracherecht aus?

Schneider: Er hat ein Mitspracherecht. Aber erst ab einem gewissen Zeitpunkt 2007.

STANDARD: Wollen Sie deshalb noch heuer verkaufen?

Schneider: Nicht nur. Weil derzeit ist auch die Zinsenlast, die uns drückt, sehr hoch. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.10.2006)