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Michael Schumacher war nach dem Sieg in Shanghai aus dem Häuschen.

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Michael Schumacher springt aus seinem Cockpit um zu feiern, Fernado Alonso wirkt nach dem Auf und Ab im Grand Prix etwas behäbiger.

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Shanghai - Das Blatt in der Formel-1-WM 2006 hat sich gewendet. Der nur von Platz sechs gestartete Michael Schumacher gewann am Sonntag entgegen allen Prognosen nach einer Wetter- und Reifenlotterie in Shanghai den China-GP 3,1 Sekunden vor Weltmeister Fernando Alonso und liegt damit erstmal seit zwei Jahren wieder an der Spitze der WM-Wertung. Zwei Rennen vor Schluss halten Schumacher und Alonso bei jeweils 116 Punkten, der Deutsche liegt aber mit 7:6-Saisonsiegen voran und kann schon am kommenden Sonntag in Japan mit einem weiteren Sieg den 8. WM-Titel sicherstellen, falls Alonso dort nicht punktet.

Zu Beginn lief alles für Alonso

Dabei war Alonso nach einem perfekten Qualifying extrem zuversichtlich in das drittletzte Saisonrennen gegangen. Und zunächst lief auch alles perfekt für den Weltmeister, der dank seiner Michelin-Reifen aus der Pole-Position auf der zunächst regennassen Strecke auf und davon stürmte, während Giancarlo Fisichella seinen Renault-Teamkollegen nach hinten absicherte.

Nach 20 Runden lag Alonso bereits klar vor Fisichella und rund 20 Sekunden vor dem schon auf Platz drei liegenden Schumacher. Doch dann begann sich mit dem Auftrocknen der Strecke das Blatt zu wenden. Alonsos Intermediate-Reifen begannen zu schwächeln. Die Entscheidung, beim ersten Boxenstopp nur die abgefahrenen Vorderreifen zu wechseln, entpuppte sich zudem als Desaster.

Alonsos Drama

Der Spanier fuhr in der Folge um rund drei Sekunden langsamere Rundenzeiten als Schumacher, der auf den alten Bridgestone-Reifen geblieben war und weiter unaufhaltsam nach vorne stürmte. Auch Fisichella lief auf und musste - bereits mit Schumacher im Rückspiegel - trotz aller Zurückhaltung im zweiten Versuch vorbei an Alonso, der in dieser völlig missratenen Rennphase dann auch noch vom WM-Rivalen Schumacher überholt wurde.

Das Alonso-Drama erreichte den Höhepunkt in der 34. Runde durch einen weiteren Fehler der Renault-Crew. Der auf Platz drei zurückgefallene Spanier musste wegen eines verpatzten Reifenwechsels 19,2 Sekunden in der Box bleiben, während Schumacher blitzschnell auf Trockenreifen wechselte und danach endgültig ungefährdet war.

91. Erfolg für Schumacher

Alonso halfen im Finish auf Trockenreifen serienweise Rekordrunden ebenso nichts mehr wie erneut einsetzender Regen. Selbst Fisichella patzte, als er nach dem 2. Boxenstopp zwar vor Schumacher auf die Strecke kam, dann aber gleich in der ersten Kurve ausrutschte und den Ferrari innen vorbei lassen musste.

So feierte Schumacher auf der Strecke, auf der er bisher über einen 12. Platz nicht hinaus gekommen war, seinen 91. GP-Sieg. Der 37-Jährige, der nun seinen 8. Rekord-WM-Titel sogar vorzeitig einfahren kann, wurde von der Ferrari-Crew wie ein Fußballer nach dem entscheidenden Tor im WM-Finale gefeiert. Alonso gratulierte fair, erschien aber mit versteinertem Gesicht zur Siegerehrung. Wie zum Hohn ließ dann auch noch ein Renault-Teammitglied die Magnum-Champagnerflasche zerbersten, während bei Ferrari selbst das perfekt klappte.

Des einen Freud, des anderen Leid

"Der erste Boxenstopp hat alles umgedreht, danach waren wir 9 oder 10 Runden komplett weg von der Pace. Damit war das Rennen gelaufen. Wir durften nur noch auf ein Wunder hoffen und haben eine große Gelegenheit verpasst", sagte ein enttäuschter Alonso, der trotz des Rückschlages sein Team anfeuerte. "Michael hat verdient gewonnen, aber wir müssen nun positiv denken!"

Schumacher konnte sein Glück zunächst kaum fassen und sprach von einem "Wunder". "In der Quali war das Blatt noch gegen uns. Und auch das Rennen schien schon fast verloren. Als es dann aber immer trockener wurde, begannen unsere Reifen immer besser zu arbeiten." Der einzige Trost für Renault war, dass man durch die Plätze 2 und 3 (Fisichella) hauchdünn wieder die Führung in der Konstrukteurs-WM übernahm.

Bei Schumacher scheint hingegen am Karriere-Ende alles Glück der Welt zusammen zu kommen. Zur Saisonmitte schon 25 Punkte zurück und praktisch abgeschrieben, liegt er nun erstmals sogar in der WM in Führung. Schon in einer Woche in Suzuka kann er den Sack zumachen, mit Prognosen hielt sich der 37-jährige Rekord-Champion aber zurück. "Das Wetter und die Reifen sind so entscheidend, dass ich lieber nichts sage. Aber ich gebe zu, dass Shanghai die letzte Strecke war, die mir Kopfzerbrechen machte und die Voraussetzungen nun einfach grandios ist."

Kollisions-Orgie entschied Kampf um Platz vier

Während beim China-GP die Plätze hinter dem Podium in einer finalen Kollisions-Orgie entschieden wurden - so fiel BMW-Fahrer Nick Heidfeld nach einem Crash mit einem Honda vom 4. auf den 7. Platz zurück - blieben die Red-Bull-Teams im Rennen eins nach Christian Klien ohne Punkte. David Coulthard (Red Bull Racing) wurde 9. und boxte zudem Ferrari-Pilot Felipe Massa von der Strecke.

Gerhard Berger kommentierte Platz 10 für Toro-Rosso-Pilot Tonio Liuzzi so: "Nicht gerade ein Grund für eine Party." Shanghai war der erste GP seit Japan 2003 ohne österreichische Beteiligung gewesen. Sieht man von Williams-Testfahrer Alexander Wurz ab. Der meinte: "Petrus war heute auf Schumachers Seite. Aber das war auch eine wahnsinnig gute Leistung von ihm." (APA)