Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) erobern sämtliche Bereiche des privaten und professionellen Lebens. Ob Bekanntschaften über Internet, ob Behördengang, elektronische Unterschrift oder Gewerbeberechtigung – wer nicht dabei ist, wird am öffentlichen Leben nicht teilnehmen können. Der Verband Content Industries hat die Verantwortlichen der wahlwerbenden Parteien im Rahmen der Nationalratswahl 2006 nach ihren Ansichten erfragt und diese via Online-TV veröffentlicht. Eine Stellungnahme der FPÖ, des BZÖ und von der Liste Martin war nicht einzuholen.

ÖVP Carina Felzmann:

IKT sei eine Querschnittsmaterie, die sich z.B. der auch international starken Position Österreichs im Content-Bereich, der Thematik des Urheberrechts und der Langzeitarchivierung ebenso wie der Forschungsförderung und der Unterstützung von Klein- und Mittelbetrieben der Branche annehmen würde.

Auf die unterschiedlichen Aussagen zu möglichen Budgets zur Breitbandförderung (60 Mio. Euro im ÖVP-Grundsatzpapier, 500 Mio. Euro lt. Bundeskanzler Schüssel) sieht Felzmann im Falle eines ÖVP-Sieges 500 Mio. als garantiert und meint, dass in Wirklichkeit für eine effiziente Bearbeitung des Ressorts wesentlich mehr Mittel nötig wären, zu denen auch Länder und Gemeinden beitragen müssten.

Kein Thema ist für Felzmann der von Unternehmen und Universitäten vorgebrachte Vorwurf, Spezialisten würden durch die verschärften Einwanderungsgesetze von Österreich ferngehalten. Hier gelte es, die eigenen Potentiale zu fördern und sich des Themas Frauen in die Forschung mehr anzunehmen.

Abschliessend stellte Moderator Günther Krumpak nochmals die Frage, ob dies alles nicht zwanzig Jahre zu spät komme. "Nein", so Felzmann, aber jetzt müsse Österreich "Gas geben".

SPÖ Broukal:

Broukal fordert den Aufbau eines nationalen IKT-Clusters mit öffentlicher Unterstützung, sieht Analogien im Holz- oder Automobilcluster – die Einsicht, dass nicht alles vom Staat allein gesteuert werden müsse, gäbe es schon lange. Broukal sieht sich jedoch nicht als künftiger politischer Entscheidungsträger in diesem Umfeld.

Als "trauriges Kapitel" bezeichnet Broukal den Rückfall Österreichs im europäischen Breitband-Ranking nach Spitzenpositionen noch vor wenigen Jahren, da man den Infrastruktur-Aufbau nur marktorientiert in Ballungszentren gefördert und den ländlichen Raum vernachlässigt hätte. Seinerzeit hätte eine (UPC-) Telekabel zu den Vorreitern unter den europäischen Breitband-Anbietern gehört. In gewohnt pointierter Routine plädiert Broukal für verstärkte Massnahmenpakete für die Klein- und mittelständische IKT- und Kreativwirtschaft, etwa mehr Existenzabsicherung für junge Technologieentwickler, günstige, gegebenenfalls zinslose Darlehen und die Verstärkung der Eigenkapital-Finanzierung sowie eine Unterstützung für deren Exportbemühungen.

Zum Thema Forschung meint der Politiker, dass man statt Giesskannenpolitik Stärkefelder identifizieren und Exzellenz gezielt zu erreichen versuchen sollte: "Wir müssen nicht überall exzellent sein".

Die Grünen Ringler:

Ringler erachtet den derzeitigen Zustand der Kompetenzaufspiltterung im Bereich IKT als unerträglich und fordert eine sinnvolle Bündelung in einem "Ministerium für Innovation"

Der Ausbau flächendeckender breitbandiger Internet- Anbindung ist Ringler wichtig, auch im ländlichen Raum bzw. um Entwicklungen in Richtung einer Zwei-Drittel-Gesellschaft zu vermeiden. Digitale Technologie und Innovation ist jedoch nicht nur Infrastruktur, sondern auch Content. Es gelte auch, Stärkefelder und Absatzmärkte zu identifizieren, für entsprechende Förderung und Finanzierung zu sorgen und Entwicklungen voranzutreiben.

Ringler betont die Notwendigkeit verstärkten Technologietransfers und geeigneter Budgets, um die "zur Zeit ausgehungerten" Universitäten entsprechend auszustatten. Zum Thema Migration und Spitzenkräfte zitiert sie den US-Guru Richard Florida: "Innovation ist möglich, wo sich die drei "3Ts" - Talent, Technology, Tolerance, verbinden". Weitere Schwerpunktthemen sind das Nein zu Softwarepatenten, Wissen als Allgemeingut und die damit verbundene Diskussion zum Digital Rights Management. Abschliessend betont Ringler die Priorität von Technologie und Innovation für die Grünen, nicht zuletzt in Verbindung mit der Frage der Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) erobern sämtliche Bereiche des privaten und professionellen Lebens. Ob Bekanntschaften über Internet, ob Behördengang, elektronische Unterschrift oder Gewerbeberechtigung – wer nicht dabei ist, wird am öffentlichen Leben nicht teilnehmen können

KPÖ Franz Schäfer:

Franz Schäfer, Sprecher der KPÖ für Informations- und Kommunikationstechnologien. Er unterstützt die Forderung nach einem Ministerium für Digitale Information, allerdings mit einer stark von anderen politischen Strömungen abweichenden Begründung. Schäfer plädiert für die Abschaffung der bisher geltenden Vervielfältigungs-, Urheber- und Patentrechte und für Vergesellschaftung von Technologie und Kultur, also eine Art Enteignung durch die Akteure. Wenn jene Gelder frei würden, die aus Kreativität und Technologie zur Zeit in die Kassen der Konzerne und in grossangelegte, laut Schäfer sinnlose, Marketingkampagnen fliessen, könnte durch ein allgemeines Grundeinkommen kreatives Schaffen ermöglicht und den Konsumenten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Untersuchungen hätten gezeigt, dass finanzielle Anreize dem kreativen Schaffen nicht förderlich seien. Das Konzept der Open Source- bzw. freien Software-Szene zeigt, dass es neben dem kommerziellen Aspekt andere höchst effiziente Modelle kreativen Schaffens gäbe, das paradigmatisch für ein alternatives Gesellschaftsmodell stünde. Dem Einwurf, dies würde die Kunst- und Technologiewirtschaft zusammenbrechen und Kapital abwandern lassen, entgegnete Schäfer, dass derartige Modelle natürlich auf europäischer und letztlich globaler Ebene umgesetzt werden müssten.

Die KPÖ sieht Wissen und Information nicht als Ware und Eigentum, sondern als allgemein verfügbares und vervielfältigbares Gut. Technologischer Forschritt ist förderungswürdig, daher müssten Hemmnisse, wie eben Patente, beseitigt werden.(red)