Nur noch wenige Tage

bis zu den Nationalratswahlen 2006 und damit Grung genug sich einmal anzusehen, wie sich die politischen Parteien in Netz präsentieren. Robert Seeger von Datenkraft hat für den WebStandard den Webauftritt der Parteien analysiert: Unter dem Titel "Click & Kreuzerl - Wie politische Parteien sich im Web verkaufen" hat Seeger eine "subjektive Untersuchung der Webseiten der 5 "Spitzen"-Parteien" vorgenommen. Untersucht wurden nur die Hauptseiten der Parteien, nicht aber die unüberschaubaren Zahlen an Zusatz-Zahlen.

Foto: Standard

"Das Internet wird für politische Meinungsbildung immer wichtiger.

Laut Studien von E-Marketer daily rangiert das Internet bereits an dritter Stelle der wichtigsten Quellen für politische Informationen. In den USA geben Breitband-User (in Österreich 35 Prozent aller Haushalte) sogar der Online-Information über politische Inhalte zur Wahl knapp den Vorzug vor Tageszeitungen", so Robert Seeger. (Im Bild: TV-Diskussion von Dr. Bruno Kreisky (li, SPÖ) mit Dr. Josef Taus (ÖVP) im Jahr 1975 anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahlen).

Foto: Votava

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"Die Kanzlerpartei ist durch und durch staatsmänisch:

State-of-the-Art-Webseite, die wirklich alle Stückerl spielt: Barrierefrei, RSS-Feed, Newsletter, Podcast, Shop, Countdown bis hin zur Personalisierung. Das Verkaufskonzept ist sehr klar: Auf einer Seite sind die Top-Verkaufsargumente zusammengefasst - mit vertiefenden Informationen, wenn gewünscht. Super, positiv und designerisch positiv gelöst."

Screenshot: Archiv

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"Kanzler-Kandidat Schüssel

ist jederzeit mit dem eigenen Menüpunkt zugänglich und auch hier werden auf einer Seite die wichtigsten Argumente für ihn gezeigt."

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Die Webseite biete zudem eine "klare Aufforderung zum Mitmachen

mit vielen Möglichkeiten, sich selbst einzubringen."

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Das Fazit

"Die Webseite ist staatstragend, hohe Informationsdichte, trotzdem übersichtlich und klar. Wenig aggressiv, aber passend zum gesamten Wahlkampf. Auf weiteren Seiten auch jede Menge Kreativität und interaktive Spielereien. Negativ ist die doch zum Teil etwas schwierige Navigation durch die Fülle der Informationen und auch wenig Unterhaltungswert."
Robert Seeger bewertete den Webauftritt oevp.at mit einem Gesamtwert von 89 Prozent. Zur Bewertung wurden einige Kriterien analysiert - in Klammer die maximale Punkteanzahl:
Auffindbarkeit/Ranking 15 (15) bei Google Platz 1
Navigation/Usability 18 (20)
Content-Qualität 15 (15)
Content-Quantität 10 (10)
Interaktion/Features 5 (5)
Mitmachen & Verkaufen 18 (20)
Exklusivität 3 (5)
Unterhaltung 5 (10)
Gesamt 89 (100)

Screenshot: Archiv

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"Auch die SPÖ hat sich ordentlich

aufmunitioniert: natürlich mit Newsletter, RSS-Feed, Barrierefreiheit aber auch mit Spielen, Downloads und jetzt sogar das Fairness-TV. Etwas verwirrend ist allerdings die Navigation. Der Wähler clickt sehr schnell auf einen externen Link und ist damit schon wieder weg von der Seite."

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"Auch der Zugang zu den eigentlichen "Verkaufsargumenten,

den Positionen, ist nicht so schnell und direkt - zudem fehlen kurze Zusammenfassungen, die den Wählern schnell die Positionen nahebringen. Enttäuschend ist auch der Bereich "Mitmachen" - man stellt sich die Frage, wo hier der Input der US-Spin-Doctors ist- denn all die wunderbaren US-Wahl-Features - von der Bloc-Party bis zum Dating-Service fehlen in Österreich komplett. Das Mitmachen bei der SPÖ-Webseite beschränkt sich auf Mitglied zu werden und E-Cards zu verschicken."

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"Alfred Gusenbauer ist zwar präsent,

aber irgendwie losgelöst und nicht in der Hauptnavigation - ein zusätzlicher Link führt auf eine eigene Webseite (alfred-gusenbauer.at), die allerdings gleich aussieht."

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Fazit

"Jede Menge Inhalte, jede Menge zusätzliche Seiten zu den unterschiedlichen Themen. Es fehlt aber ein wenig der Fokus auf das Wesentliche: Themen & Kandidaten und auch das Mitmachen kommt deutlich zu kurz. Klare Schwäche in der Usability machen ein Navigieren schwer und zum Teil sogar ärgerlich. Noch nicht ganz Kanzlerreif."
Robert Seeger bewertete den Webauftritt spoe.at mit einem Gesamtwert von 71 Prozent:
Auffindbarkeit/Ranking 15 (15) bei Google Platz 1
Navigation/Usability 9 (20)
Content-Qualität 13 (15)
Content-Quantität 9 (10)
Interaktion/Features 3 (5)
Mitmachen & Verkaufen 10 (20)
Exklusivität 5 (5)
Unterhaltung 7 (10)
Gesamt 71 (100)

Screenshot: Archiv

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"Bei der FPÖ merkt man plötzlich, wo man ist:

Ein sichtbarer und spürbarer Unterschied zu den beiden Großparteien. Quantität und Qualität der Inhalte reichen lange nicht an ÖVP, SPÖ und Grüne heran. Da liegt aber auch nicht der Focus. Es ist eine Konzentration wirklich auf das Wesentliche: den Verkauf des Kandidaten und der Positionen. HC Strache mit Mini-Präsentationen auf der Seite und dann einer eigenen Webseite."

Screenshot: Archiv

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"Die Positionen stehen in "Dafür stehen wir:

Hier finden sich klare Aussagen - kurz und leicht verständlich formuliert, in einem Satz - keine weiteren Informationen, hier geht es wirklich nur um die Kernbotschaft und nicht um die Inhalte. Wer mehr Informationen haben will, wird sie hier nicht finden."

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"Ansonsten werden News-Meldungen benutzt um die Botschaften

zu untermauern. Generell wirkt die Webseite aber eher billig und selbst gestrickt. Die Seite erinnert im Übrigen sehr an den ORF mit ihren angeteaserten Newsbildern oben."
"Ein paar kleine populistische Spielereien wied er Bawag Verlustrechner versuchen etwas Leben in die Seite zu bringen. "Höhepunkt der Page" ist zweifelsohne der HC Rap (mittlerweile auch als Klingelton). HC Strache als singender Superhero, der das Land rettet - köstlich. Nun ja, singen tun sie ja mittlerweile eh all - unvergesslich zuletzt Franz Voves mit "Country roads take me home" in den steirischen Pensionistenheimen oder die ÖVP-Kapelle."

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Das Fazit:

"Eigentlich bemerkenswert ruhig - abgesehen vom Rap - fast schon zurückhaltend wirkt der Webauftritt. Keinerlei Möglichkeit selbst aktiv zu werden - hat die FPÖ offenbar gar nicht nötig. Das einzige interaktive Feature ist der Newsletter. Einen Bonus-Punkt habe ich im Bereich Unterhaltung für den Rap vergeben. Generell findet sich keine aggressive Oppositionspolitik, sondern eher biederes Herunterbeten der Standapunkte."
Robert Seeger bewertete den Webauftritt fpoe.at mit einem Gesamtwert von 55 Prozent:
Auffindbarkeit/Ranking 12 (15) bei Google Platz 1, aber Text schlecht und FPÖ Vorarlberg
Navigation/Usability 18 (20)
Content-Qualität 8 (15)
Content-Quantität 2 (10)
Interaktion/Features 1 (5)
Mitmachen & Verkaufen 5 (20)
Exklusivität 3 (5)
Unterhaltung 6 (10)
Gesamt 55 (100)

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"Auf der BZÖ-Webseite ist "Westi" -

unklar, ob es sich um eine Wahlkampfbezeichnung oder einen Künstlernamen handelt - die zentrale Person. Das BZÖ hat eine sehr plakative, schreiende Startseite - auf der sofort geräuschvoll ein Video abläuft. Wer Lust auf weitere Inhalte haben sollte, entfernt sich immer weiter von der Startseite und kehrt nie wieder auf diese zurück.

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"Das Westenthaler-Programm ist prominent

auf der Startseite beworben; öffnet sich dann aber allerdings enttäuschend als eine Powerpoint-PDF-Datei. Ansonsten gibt es BZÖ Today und Weekly sowie das Westi-TV mit immerhin schon 5 Beiträge und damit 4 mehr als das Fairness TV, dafür handelt es sich aber um billig produzierte Werbespots."
"Das Wahlprogramm ist eher schwierig zu navigieren, sehr unübersichtlich und wenig lesefreundlich. Hier fehlt überraschender Weise das Plakative, aber dafür nicht Jörg Haider."

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"Mitmachen beschränkt sich auf Partner werden

allerdings nur wenn man auch bezahlt - da scheint offenbar eine gewisse Geldnot zu herrschen ?", so Seeger. Und weil Westi natürlich um nichts zurück stehen will, darf auch der Westi-Song "Wir halten zsamm" nicht fehlen. Der Unterhaltungswert ist allerdings deutlich geringer als der Batman Rap. Es sind zudem jede Menge Audiofiles zu finden, die sich, leider nicht elegant, direkt auf der Seite öffnen. Im Übrigen wurden sehr brav alle freiheitlichen Hinweise von der Seite entfernt."

Screenshot: Archiv

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Fazit

Man spürt irgendiwe das Dilemma zwischen Regierungspartei und eigentlichem Oppositionswillen - für das eine fehlen die Inhalte für das Andere der Populismus. Die Seite ist gut und solide gemacht, bietet aber wneig Überraschung. Die Partei wird nur beschränkt verkauft und das Mitmachen beschränkt sich aufs Zahlen."
Robert Seeger bewertete den Webauftritt bzoe.at mit einem Gesamtwert von 47 Prozent:
Auffindbarkeit/Ranking 15 (15) bei Google Platz 1
Navigation/Usability 15 (20)
Content-Qualität 10 (15)
Content-Quantität 5 (10)
Interaktion/Features 3 (5)
Mitmachen & Verkaufen 8 (20)
Exklusivität 3 (5)
Unterhaltung 3 (10)
Gesamt 47 (100)

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"Die Grünen sind im Web sehr brav und

informationslastig. Der themenbezogenen Zugang der Webseite trägt den Stil und die handschrift des sanften Professors Van der Bellen. Hier will man scheinbar Regierungsfähigkeit beweisen: nur kein Anecken, nur keine Provokation.

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In der Fülle der Information

gehen die Grünen sogar so weit, dass sie unter dem Punkt "Wahl 2006" nicht nur ihre Positionen vertreten, sondern das Wahlsystem in Österreich detailliert aufarbeiten."

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"Kurz und bündig nennt sich ein

Menüpunkt, aber die Zusammenfassung der Informationen ist alles andere als schnell fassbar. Hier geht es scheinbar wirklich um mündige Wähler, die viel Zeit haben. Natürlich gibt es alles, was eine gute Webseite heute braucht: RSS, Newsletter, barrierefrei, Blogs und eine eigene nüchterne Van der Bellen-Webseite. Der Punkt Mitmachen geht nach dem Motto "naja wenn man unbedingt will", kann man Mitglied werden, sonst wird auch in diesem Bereich jede aggressive Anbahnung vermieden."

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Fazit

"Die Frage die sich bei dieser Webseite stellt lautet: Soll hier etwas verkauft oder nur informiert werden? Dass es bald eine Wahl gibt, wird auf der Grünen-Website eigentlich nicht klar. Die hohe Dichte an qualitativ hochwertigen Inhalten und viel, viel Text - das verlangt nach sehr viel Zeit. Mit der Webseite wenden sich die Grünen ganz klar an ein Bildungs-Bürgertum."
Robert Seeger bewertete den Webauftritt gruene.at mit einem Gesamtwert von 64 Prozent:
Auffindbarkeit/Ranking 3 (15) bei Google nur Landesorganisationen gefunden!!
Navigation/Usability 17 (20)
Content-Qualität 20 (15)
Content-Quantität 10 (10)
Interaktion/Features 2 (5)
Mitmachen & Verkaufen 5 (20)
Exklusivität 5 (5)
Unterhaltung 3 (10)
Gesamt 64 (100)

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"Zusammenfassend lässt sich sagen,

dass die Parteien das Potenzial Internet längst erkannt haben - aber das Potenzial wird noch immer kaum genutzt. Besonders wenn es darum geht, ihren Spitzenkandidaten und die eigenen Positionen zu verkaufen. Hier könnten alle noch von erfolgreichen e-Business-Seiten lernen. Und das "Mitmachen" über das Internet findet großteils gar nicht statt und beschränkt sich auf Diskussionen. Die Nationalratswahl 2006 wird sicher nicht im Internet entschieden, denn eigentlich beschränken sich alle Parteien darauf ihre Positionen zu festigen - anstatt hier auch noch Stimmen zu gewinnen. Es wäre schön, wenn die WählerInnen auch einmal im Mittelpunkt stehen würden", so Robert Seeger von Datenkraft in seiner Analyse.(Gregor Kucera)

Foto: Standard/HANS AUMAYR