Und während sich die niederländische theatergroep Max. herrlich in Wiederholungen, Verzögerungen der Handlung und fast slapstickhaften Momenten, in denen wirklich kaum etwas passiert, verausgabt, klettern im Zuschauerraum kleine Kinder von den Eltern herunter, um sich so nah wie möglich, ganz vorne beim Geschehen zu positionieren, damit sie kein Wort verpassen, kein Detail übersehen. So ist dann auch die Reaktion spontan. Niemand wartet hier den Schluss ab, um sein Gefallen kundzutun, man klatscht, lacht, johlt gleichermaßen, ruft Bewunderung und Erstaunen laut heraus, während die jüngsten Zuseher dieser geradezu interaktiven Aufführung (Regie: Jetse Batelaan) fleißig Rücksprache mit den Eltern halten.
Der spätere Abend wird dann in Zaingrub gestaltet, im urigen Theaterstadel, und zwar von der New International Encounter (NIE), die am Eröffnungswochenende zwei Stücke zeigte. My long Journey home bildet den ersten und The End of everything ever (beide ab 14) den letzten Teil einer Trilogie über Einzelschicksale vor dem Hintergrund der europäischen Zeitgeschichte. Das Ungewöhnliche daran: der humoristische Zugang. Die bedrückenden Geschichten, etwa des Ungarn András Tamás, der während des Zweiten Weltkrieges in Russland in Gefangenschaft geriet und dort 53 Jahre lang vergessen wurde, werden mit Leichtigkeit, plakativen Überzeichnungen und schrägen Witzen erzählt. Und das funktioniert, keine Spur von Geschmacklosigkeit oder Verharmlosung – Komik und Tragik, richtig dosiert und an den passenden Stellen eingesetzt, fügen sich zu einem großartigen, spartenübergreifenden Erzählwerk zusammen.
Gutes braucht wenig
Nicht zuletzt den unglaublichen schauspielerischen und musikalischen Begabungen des Ensembles (allen voran Tomaš Mechácek, Kjell Moberg und Ladislav Frey), das auf einer sehr spartanisch bestückten Bühne spielt und musiziert, ist die Beobachtung zu verdanken, wie wenig Mittel es braucht, um anspruchsvolles und umfassendes Theater von höchster Qualität zu machen. Auch am zweiten NIE-Abend, diesmal wird über das Mädchen Agata, mittelbar aber von den Kindertransporten nach Großbritannien knapp vor Kriegsausbruch erzählt, fordert man das großteils junge Publikum zu einer kritisch-autonomen Auseinandersetzung mit dem Thema heraus.
Es geht nicht um Einseitigkeit, Farblosigkeit, lautet die Lektion an die Jugendlichen, denen man genug Einsicht zutrauen kann, das Gewicht der Dinge selbst einzuschätzen und die Grenzen der Stimmungen auszubalancieren.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion gingen Vertreter aus Dramaturgie und Regie der Frage nach: Wie anspruchsvoll darf lustiges Theater für Kinder sein? Johanna Figl, künstlerische Leiterin des Festivals, setzt das Niveau sehr hoch an: "Für Kinder muss Humor nicht politisch korrekt sein, oft ist es sehr einfach, sie etwa mit derben Witzen zum Lachen zu bringen." Spannend werde es für Figl dann, wenn dies ausgelassen wird und "das Stück einen höheren Anspruch stellt".