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Diese Woche hat sich der ÖBB-Aufsichtsrat zu mehr Transparenz und zur Offenlegung wichtiger Unternehmensinformationen verpflichtet. So viel Einblick wie börsennotierte Firmen gewährt die Staatsbahn freilich nicht: Sie veröffentlich nicht einmal die Vorstandsgagen einzeln.

Foto:APA/Maier
Wien – Das hohe Maß an Transparenz, das sich die ÖBB-Führung am Dienstag verordnet hat, ist doch nicht so durchsichtig, wie es scheint. Dafür sorgen zahlreiche Änderungen, die der ÖBB-Holding-Aufsichtsrat unter Wienerberger-Chef Wolfgang Reithofer am offiziellen Österreichischen Corporate Governance Kodex für börsennotierte Betriebe vorgenommen hat.

Gemeinschaftskassa

So ist es eher unwahrscheinlich, dass die Bezüge und Vergütungen der zahlreichen Vorstandsmitglieder der operativen ÖBB-Gesellschaften im Geschäft aufscheinen werden. Offen gelegt wird künftig nämlich nur die Gesamtsumme. Die Darstellung der persönlichen Vergütungen obliegt "der individuellen Entscheidungssphäre jedes Vorstandsmitglieds", weshalb eine Veröffentlichung im Geschäftsbericht nicht erfolgt, heißt es in den "Abweichungen des ÖBB-Konzerns".

Verzichtet wird weiters auf die Einrichtung eines Nominierungsausschusses bei Vorstandsbesetzungen. Dies unter Hinweis auf das Stellenausschreibungsgesetz, dem die hundert Prozent im Eigentum der Republik stehende Staatsbahn unterliegt. Für den ÖBB-Konzern ist es zweckmäßiger, die bestehende Zuständigkeitsordnung beizubehalten. Derzufolge ist das Präsidium des Aufsichtsrats, also der Präsident und seine Stellvertreter, das richtige Gremium. Ob das transparent genug ist, darf der gelernte Österreicher freilich hinterfragen, denn für gewöhnlich sind Vorstandsbesetzungen in Staatsbetrieben politisch akkordiert.

Verzichtet haben die ÖBB-Kontrollore weiters auch auf die im Kodex empfohlene Festlegung von Altersgrenzen für Vorstände und Aufsichtsräte in der Satzung des Unternehmens. Die ÖBB-Räte hielten Altersgrenzen nicht für sinnvoll, wie es heißt. Wohl auf der Homepage veröffentlicht, aber nicht binnen vier Monaten, wird der Geschäftsbericht. Das kann die ÖBB-Führung tun, wann immer es dem Vorstand beliebt.

Langsam ins Netz

Mehr Zeit kann sich der Bahnvorstand auch mit der Veröffentlichung der Konzernabschlüsse lassen. Die darf ebenfalls länger als vier Monate dauern, Quartalsberichte müssen gar nicht publiziert werden. Und zwar aufgrund der besonderen (direkten und indirekten) Eigentümerstruktur des Alleinaktionärs Republik Österreich gehörenden ÖBB-Konzerns, dem nach Ansicht des Kapitalmarktbeauftragten der Bundesregierung, Richard Schenz, wohl öffentlichsten Unternehmen überhaupt. Allerdings ist die Bahn nicht börsennotiert, weshalb die speziellen Finanzmarktregeln ganz wegfielen.

Nicht gestrichen wurden die Regeln für Interessenkonflikte und Eigengeschäfte. Damit gilt für alle Bahnaufseher: "Der Abschluss von Verträgen ... durch die sich diese außerhalb ihrer Tätigkeit im Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft oder einem Tochterunternehmen zu einer Leistung gegen ein nicht bloß geringfügiges Entgelt verpflichten, bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats." Selbiges gilt auch für Verträge mit Unternehmen, an denen ein Aufsichtsratsmitglied ein erhebliches wirtschaftliches Interesse hat. Verboten sind Beratungsgeschäfte, wie etwa der des Wiener Büros des Malik Management Zentrum St. Gallen mit der ÖBB-Personenverkehr AG, damit nicht. Fredmund Malik, Gesellschafter der St. Gallener Mutter, muss Aufträge wie diese künftig aber vorlegen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.6.2006)