Gustav Klimt: "Porträt der Amalie Zuckerkandl".

Oesterreichische Galerie Belvedere
Wien – Zumindest zwei der fünf Erben nach Ferdinand Bloch-Bauer sind mit dem dreiköpfigen Schiedsgericht, das ihnen Anfang dieses Jahres fünf Gemälde von Gustav Klimt mit einem Wert von rund 200 Millionen Euro zusprach, nicht zufrieden. Denn Andreas Nödl, Walter H. Rechberger und Peter Rummel sahen im gesondert behandelten Fall Zuckerkandl keinen Grund für eine Restitution.

Und so brachten George Bentley und Trevor Mantle, Neffen von Maria Altmann, unlängst Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches ein: Er sei mit den "Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar", da "eine gänzlich unvertretbare Rechtsansicht" hinsichtlich des Nichtigkeitsgesetzes eingenommen worden sei. Die Vorgeschichte: Ferdinand Bloch-Bauer half seiner verarmten Freundin Amalie Zuckerkandl mit Geldzuwendungen und dürfte ihr das von Gustav Klimt gemalte Porträt abgekauft haben. Im März 1938 jedenfalls befand sich das Bild in seinem Stadtpalais. Im Sommer 1941 musste Bloch-Bauer, nach Zürich geflohen, die Zahlungen einstellen. Amalie hatte kein Geld für die Flucht: Sie wurde nach Izbica deportiert und vermutlich im Vernichtungslager Belzec ermordet. Und Bloch-Bauer ließ das Porträt einer Tochter von Amalie, Hermine Müller Hofmann, zurückgeben.

NS-Machenschaften

Ein Kausalzusammenhang zwischen einem allfälligen Rechtsgeschäft und den NS-Machenschaften sei "derart evident, dass er nur bei völlig aktenwidriger Sachverhaltsfeststellung zu leugnen ist", heißt es in der von Anwalt Stefan Gulner formulierten Klage: Ohne den Anschluss hätte Bloch-Bauer nicht emigrieren müssen, das Bild wäre niemals aus seinem Schlafzimmer entfernt worden. Denn der Zuckerbaron hätte seiner alten Freundin weiterhin mit Geldzuwendungen helfen können.

Das Porträt blieb jedoch nicht bei Hermine Müller Hofmann: Da sie 7000 Reichsmark für ein "Sippenzeugnis" zu bezahlen hatte, ließ sie das Porträt um 1600 Mark verkaufen. Es hatte aber einen sechsmal so hohen Versicherungswert. Ein Zwangsverkauf also?

Schon vor zwei Monaten brachten die Urenkel der Porträtierten, die sich dem Schiedsverfahren nachträglich angeschlossen hatten, eine Aufhebungsklage gegen das Urteil ein: Laut ihrem Anwalt Alfred Noll sei mehrfach gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen worden.

Daraufhin kam Gottfried Toman von der Finanzprokuratur in eine heikle Situation. Als Vertreter der Republik hatte er das Schiedsverfahren gegen die Bloch-Bauer-Erben verloren. Und nun musste er das Schiedsgericht, dessen Spruch er wohl gerne angefochten hätte, in seiner Klagebeantwortung gegen die Vorwürfe von Noll verteidigen. Das tut er auch – aber mit spitzen Fingern. Denn er fasst zusammen: Den Schiedsrichtern werden "schwerste Verfehlungen vorgeworfen, wobei die Vorwürfe von ,unvertretbarer Rechtsansicht' über ,vorgefasste Meinung' sowie ,schlichte Erfindungen in parteilicher Absicht' reichen, wobei 'nachgerade zynisch' Feststellungen getroffen werden, die 'ungeheuerlich' und 'schamlos' und 'in fast schon gemein zu nennender Weise falsch' sind. Den Schiedsrichtern wird auch vorgehalten, eine Rechtsansicht geäußert zu haben, 'die mit dem Gesetz in offenbarem Widerspruch steht'." Der primäre Vorwurf ziehe also darauf ab, "dass die Schiedsrichter eigentlich ungeeignet, ja unfähig gewesen seien, einen sachverhalts- und rechtskonformen Schiedsspruch zu erlassen".

Streitverkündung

Die Finanzprokuratur habe aufgrund der gegenüber den Schiedsrichtern erhobenen Vorwürfe also einen "Stellvertreterprozess" zu führen. Toman nahm daher eine "Streitverkündung" vor – und forderte die drei Schiedsrichter auf, der Finanzprokuratur "Streithilfe zu leisten".

Mit dem komplexen Fall muss sich nun ein Dreiersenat beschäftigen. Gottfried Toman glaubt, dass dem Begehren auf Aufhebung nicht stattgegeben werden kann. Denn die Bloch-Bauer-Erben hatten sich – wie die Republik – schriftlich verpflichtet, das schiedsgerichtliche Urteil anzuerkennen. Außerdem dürfte den beiden Bloch-Bauer-Erben die Aktivlegitimation fehlen: Maria Altmann, Nelly Auersperg und Francis Gutman haben sich nicht an der Klage beteiligt. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2006)