Singapur - Die Herbstkonferenz des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Singapur hat Hoffnungen auf eine Wiederbelebung der WTO-Gespräche über einen freieren Welthandel genährt. Der Start für die geplante umfassende Reform des Fonds fiel dagegen holprig aus und war durch erhebliche Meinungsverschiedenheiten geprägt.

Detailfragen

Großbritanniens Finanzminister Gordon Brown sagte am Sonntag nach einer Sitzung des IWF-Lenkungsausschuss (IMFC), dem er vorsitzt, er habe nach den Gesprächen in Singapur neue Zuversicht, dass die Freihandelsgespräche wieder in Gang kommen könnten. Auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück deutete an, es könne neue Bewegung in die festgefahrenen Gespräche kommen. Der Ausschuss drängte wie die Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7) darauf, die Bemühungen um die Reform des Währungsfonds voranzutreiben. Im Kreis der Mitglieder wurde über Detailfragen der Veränderungen gestritten. Einig sei man sich aber, so Brown, über die Grundrichtung der Umgestaltung.

Wechselkursfragen

Auf einem gesonderten Treffen am Rande der IWF-Konferenz diskutierten die G-7-Finanzminister auch über Wechselkursfragen. Die Gruppe forderte mehr Wechselkursflexibilität von China und ließ erkennen, dass sie auf einen Kursanstieg des stark gefallenen japanischen Yens hofft. Der chinesische Zentralbankchef Zhou Xiaochuan kündigte aber an, sein Land werde seinen Wechselkurs relativ stabil halten.

Die G-7-Minister und der Finanzausschuss des IWF äußerten sich zuversichtlich, dass die Weltwirtschaft weiter auf einem robusten Wachstumskurs bleibt. Allerdings dürften die Risiken nicht unterschätzt werden, hieß es. Genannt wurden steigende Inflationsgefahren und ein zunehmender Protektionismus, die wachsende weltwirtschaftliche Ungleichgewichte und hohe Energiepreise.

Protektionismus als Bedrohung

"In all den Jahren, die ich zum IWF komme, habe ich noch nie eine Diskussion erlebt, in der die Entschlossenheit so deutlich wurde, die Handelsgespräche zu einem Ende zu bringen", sagte Brown nach einer IMFC-Sitzung. Die Finanzminister im dem Kreis seien geradezu "befeuert" gewesen von der Idee, die Gespräche erfolgreich abzuschließen. Hintergrund sei, dass der zunehmende Protektionismus zu einer Bedrohung der Weltwirtschaft werden könnte. Dabei verwies Brown vor allem auf seinen US-Kollegen Henry Paulson. Dieser habe ihm die Entschlossenheit vermittelt, dass die Staaten aus ihrer Sackgasse bei den Gesprächen über den weltweiten Abbau von Handelshemmnissen herauskommen sollten.

Auch Steinbrück äußerte in Singapur die Hoffnung, dass die Handelsgespräche, die gerade den Entwicklungsländern besondere Vorteile bringen sollen, wieder in Gang kommen. Sonst müsse Europa stärker auf bilaterale Handelsvereinbarungen setzen, doch sei das nur der zweitbeste Weg. Steinbrück deutete an, dass die EU sich in ihren Positionen bewegen könnte. Hauptstreitpunkt der WTO-Gespräche, die im Juli ausgesetzt worden waren, waren die Agrarsubventionen.

Indiens Handelsminister Kamal Nath gab sich weniger optimistisch. In seinem Land lebten zu viele Menschen von der Arbeit auf dem Lande, als das eine Marktöffnung für Agrargüter möglich sei. In dieser Frage gebe es für Indien keinen Raum für Konzessionen.

Quoten

Einig waren sich die Gremien auf der IWF-Herbstkonferenz über die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Fonds, um die wirtschaftliche Bedeutung der Länder in der Welt zutreffender wiederzuspiegeln. Über das Konzept für die künftigen Quoten bei Vertretung und Abstimmung stritten die Mitglieder aber. Steinbrück und der deutsche Bundesbank-Präsident Axel Weber erklärten, Deutschland wolle seinen Einfluss im Fonds bewahren. An den Reformvorstellungen von IWF-Chef Rodrigo Rato äußerte Weber teils deutliche Kritik.

Erster Schritt der Reform soll kurzfristig eine Vorab-Quotenerhöhung für die vier besonders stark unterrepräsentierten Länder China, Südkorea, Mexiko und die Türkei sein. Hier hätten einige Länder aber Ablehnung signalisiert, sagte Weber. Der IMFC-Vorsitzende Brown geht dennoch davon aus, dass die notwendige Zustimmungsquote von 85 Prozent erreicht wird und diese Erhöhung am Montag in Kraft treten wird. Weber äußerte sich dazu vorsichtiger. Später sollen eine umfassende Quotenreform folgen sowie neue Schwerpunktsetzungen bei den IWF-Aufgaben. (APA/Reuters)