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Hannes Kartnig.

Foto: APA/Leodolter

Graz/Wien - Wie in den meisten Fällen von existenziellen Engpässen ist die Lage des SK Sturm Graz auf den zweiten Blick hoffnungslos, aber nicht ernst. Laut einer im Standard am 24. April veröffentlichten Aufstellung schuldet Sturm Graz dem Finanzamt 1,2 Millionen Euro. Den aktuellen Konkursantrag der Behörde erklärt Kartnig damit, "dass wir zwei Raten nicht gezahlt haben. Aber der Fortbestand ist gesichert". Das Grazer Konkursgericht räumte dem Verein eine Frist bis zum 20. Oktober ein, um die Sache einvernehmlich zu regeln. So weit alles klar.

Der dritte Weg

Zur Sicherung des Spielbetriebs strebt Kartnig jedoch entgegen der landläufigen Meinung nicht etwa einen außergerichtlichen Vergleich (und schon gar nicht die Befriedigung aller Forderungen) an. Nein, er wählt einen dritten Weg, indem eine vom Wirtschaftsprüfer Peter Hadl repräsentierte Treuhandgesellschaft die Forderung des Finanzamts und anderer Gläubiger aufkauft. Damit schlagen Sturm/Kartnig drei Fliegen auf einen Schlag.

Im Unterschied zum gerichtlichen und dem außergerichtlichen Ausgleich muss der Schuldner nicht mit allen Gläubigern ein Einvernehmen herstellen. Und man vermeidet, dass (im gerichtlichen Konkursverfahren) der Masseverwalter den Funktionären die Führung des Klubs aus den Händen übernimmt und sämtliche Forderungen zusammenzählt.

Die Verschiebung

Der eklatante Nachteil der Treuhandlösung: Die Forderungen bleiben aufrecht, sie werden sozusagen nur von einem Gläubiger zu einem anderen, eben dem Käufer der Forderung, verschoben.

Es sei denn, die Forderungen werden "von einem neuen Sponsor gekauft", wie Hadl meint. Bei der von Kartnig ins Spiel gebrachten Quotenregelung von 25 Prozent würde das ungefähr folgendermaßen ablaufen, immer vorausgesetzt, die Altgläubiger geben sich mit der angebotenen Quote zufrieden: Ein interessierter Neusponsor übernimmt die Forderung von 1,2 Millionen des Finanzamtes, zahlt Sturm (und der Verein dem Finanzamt) 300.000 Euro und der Klub ist um 1,2 Millionen Euro an Schulden leichter.

Abgesehen von einem preiswerten Einstieg ins Sponsoring scheint diese Konstruktion auch für Steuersparmeister und Gambler aussichtsreich. Ein Rechenexempel gefällig? Der flüssige und mit guten Nerven ausgestattete Investor steigt mit besagten 300.000 Euro ein und vereinbart eine mehrjährige Ratenzahlung von sagen wir 600.000 Euro. Gewinn des Investors: 300.000 Euro, Sturm erspart sich immer noch 600.000 Euro. Und falls der Verein wirklich krachen geht, kann der Investor den Verlust steuermindernd gegen seine Gewinne aufrechnen.

Konkursfall Tirol

Das Finanzamt darf übrigens auf solche Deals eingehen, falls es einsieht und zugibt, dass mehr Geld nicht zu holen ist. Im Konkursfall FC Tirol holte sich das Finanzamt übrigens die Lohnsteuer von den Spielern. Die Spieler hatten erwartet, dass der Verein die Lohnsteuer an das Finanzamt pflichtgemäß abgeführt hatte.

Die Treuhandkonstruktion wiederum darf nicht nur das Finanzamt bedienen, sondern muss auch andere Großgläubiger einbeziehen. Hadl: "Sonst würden die Beamten ja ungerecht und zum Nachteil anderer Gläubiger handeln." Übrigens sei laut Hadl "die weiterführende Behandlung der durch die Treuhandregelung weiterbestehenden Forderungen Teil des grundlegenden Sanierngskonzeptes". (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 15. September 2006, Johann Skocek)