Foto: IBM
Am 13. September 1956 startete die Ära der Festplatte. An diesem Tag stellte IBM die erste kommerziell erhältliche Festplatte, die IBM 350, als Teil des IBM 305 RAMAC-Rechners, vor. Das Speichermedium wog etwa eine Tonne und bot fünf Megabyte Festplattenkapazität. Dieser Platz hätte für maximal zwei Lieder im MP3-Format ausgereicht, sofern man damals schon etwas mit Musikformaten und Multimedia hätte anfangen können. Seit dieser Zeit wurden unglaubliche Mengen an Daten in den Rechenzentren dieser Welt und den Computersystemen in Firmen gespeichert, kein Wunder also, dass der Speicherbedarf stetig zunimmt.

Neue Technologie

Die Industrie ist daher ständig auf der Suche nach neuen Technologien und besseren Systemen. Einen Lösungsansatz entwickelt IBM derzeit unter der Bezeichnung "Millipede" und sucht dabei zwei Vorbilder zu einen, die in diesem Zusammenhang leicht verwundern: die Lochkarte und das Tixoband.

"Es ist ein Wechsel vom Magnetismus hin zur Wärme", umschreibt Wolfgang Singer von IBM Österrreich die neue Technologie. "Millipede" schickt sich an, die große Lücke zwischen Flash-Speicher und (Micro-)Festplatten zu schließen. Während Flash-Speicher zu kostenaufwändig sind, werden Festplatten immer massiver, schwerer und empfindlicher. "Millipede" setzt auf die Erkenntnisse des Rastertunnelmikroskops. Das Grundprinzip ist relativ simpel und mit der früheren Lochkarte vergleichbar, allerdings befinden wir uns heute im Nanometerbereich. Winzige Hebelchen mit einer feinen Spitze aus Silizium - daher auch der Name "Tausendfüßler" - schmelzen feine Löcher in ein Polymer-Medium, das am ehesten mit einem Tixoband verglichen werden kann, um Bits zu schreiben. Dieselben Spitzen kann man auch verwenden, um diese Löcher nachzuweisen, also die Daten wieder auszulesen. Dazu bringt man die Spitze in die Nähe des Polymerfilms und erwärmt sie auf rund 300 Grad Celsius. Während sich bei aktuellen Festplatten der Schreib- und Lesekopf und auch das Speichermedium bewegen, wird beim Millipede-Speicher nur das Medium bewegt.

Hitze statt Magnetismus

"Es bedurfte eines neuen Verfahrens, da Festplatten mit ihrem auf Magnetismus beruhenden Verfahren nicht mehr beliebig klein gemacht werden können", so Singer. Auf der Größe einer Briefmarke hat so beispielsweise die Datenmenge von 25 DVDs Platz.

Diese Entwicklung könnte der richtige Schritt für die weitere Miniaturisierung und den Speicherhunger mobiler Geräte sein und soll schon im nächsten Jahr in den Handel kommen.

Es geht weiter

Doch auch der Tausendfüßler ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Die wirklich elementaren Themen - Datensicherheit durch "Selbstheilung" - wird erst die übernächste Speichertechnologie lösen können. "IceCube", so der vorläufige Name der kommenden Technik, wird aus einzelnen Würfeln bestehen, die sich nach dem Legostein-Schema miteinander verbinden lassen. Zwischen den einzelnen Würfeln und innerhalb des Systems findet eine Vernetzung statt, die am ehesten mit den neuralen Verknüpfungen im menschlichen Gehirn verglichen werden kann. Nicht mehr und nicht weniger ist auch der Anspruch den die Entwickler an die Lösung stellen. Die kommunizierenden Würfel sollen erkennen wenn Störungen oder das baldige Ende eines Teiles im Verbund naht und dann rasch und effizient reagieren. Was in diesem Fall bedeutet, dass andere Segmente Daten speichern und das System am Leben halten.(Gregor Kucera, DER STANDARD, Printausgaben vom 13.9.2006)