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Tonnen Brot werden jeden Tag in Wien weggeworfen, genauso viel wie in Graz täglich gegessen wird. Die Wiener Tafel setzt sich für Umverteilung statt Warenvernichtung ein

Foto: Reuters/INA FASSBENDER
Wien – Steigende Armut auf der einen, Überfluss auf der anderen Seite: Die Diskrepanz zwischen Hunger und Überproduktion vergrößert sich unweigerlich. Nicht nur im globalen Kontext, sondern auch auf lokaler Ebene und innerhalb einer Wohlstandsgesellschaft, die immer zugleich eine Wegwerfgesellschaft ist.

Zentrale Koordination

Seit 1999 widmet sich der Verein „Wiener Tafel“ der Überbrückung dieses Widerspruchs, indem überschüssige Lebensmittel an Bedürftige verteilt werden. Den 7. Geburtstag feiert die Initiative, die von Studierenden der Sozialakademie gegründet wurde, mit einem Schritt in Richtung mehr Professionalität. Ab sofort sorgen drei angestellte Mitarbeiter und ein EDV-System für eine effizientere Umverteilung. Erstmals werden die rund 100 ehrenamtlichen Mitarbeiter und zwei Lieferwägen zentral koordiniert, nämlich von der neuen Logistikzentrale im Wiener Arsenal aus, wo der Verein die Räumlichkeiten eines ehemaligen Greißlers bezogen hat.

Die finanziellen Mittel stammen fast ausschließlich von Sponsoren und Spendern, teilte Wiener Tafel-Geschäftsführer Michael Haiderer am Donnerstag mit. Gespendet werden auch die bis zu zwei Tonnen Nahrungsmittel und Hygieneartikel, die der Verein täglich von Speditionen, Industrie- und Handelsunternehmen zu Flüchtlingshäusern, Obdachlosen-Einrichtungen oder Mutter-Kind-Heimen bringt. So werden 55 Sozialeinrichtungen oder 5500 Personen mit Waren im Wert von jährlich 1,5 Millionen Euro versorgt.

Einwandfreie Lebensmittel vernichtet

Über 100 Tonnen Tiefkühlprodukte pro Jahr gelangen nie in den Handel, weil das Ablaufdatum naht, einwandfreie Lebensmittel werden vernichtet, weil die Verpackung Mängel aufweist oder das Etikett schief aufgeklebt ist. 13 Tonnen Brot wird in Wien täglich vernichtet, die gleiche Menge, die in Graz gegessen wird.

Durch die Kooperation mit der Wiener Tafel können Firmen nicht nur ihr Image aufbessern, sondern auch Entsorgungskosten sparen. Dennoch: „Was wir in Wien tun, ist ein Tropfen auf dem heißen Stein,“ hofft Haiderer auf weitere Expansion und mehr Unterstützung der öffentlichen Hand. Heuer fördert der Fonds Soziales Wien den Verein mit 20.000 Euro. (kri, DER STANDARD Printausgabe, 08.09.2006)