Geschlechterpolitik
ÖVP fordert Stopp der Demos
Wiener Polizei rechtfertigt sich mit Gesetzeslage
Eva Linsinger, Martina Salomon
Wien – Seit Monaten gibt es
Anti-Regierungsdemos in
Wien. Gezählte 135 – und bis
auf die Großdemonstration am
20. Februar finden sie üblicherweise unangemeldet statt.
Teile der ÖVP fordern nun
einen sofortigen Stopp der illegalen Donnerstag-Demos.
Immerhin seien bisher 57 PolizeibeamtInnen verletzt worden,
sagte der Sicherheitssprecher
der Wiener ÖVP, Wolfgang
Ulm, am Freitag.
In der Polizei rechtfertigt
man das Tolerieren der Demos
mit einer höchstgerichtlichen
Entscheidung aus dem Jahr
1985. Nichtanmeldung ist
demnach kein Grund mehr,
eine Demo aufzulösen. Es
muss auch Verstöße gegen die
öffentliche Sicherheit geben.
Außerdem sei es ein Problem,
Veranstaltungen mit zwei bis
dreitausend DemonstrantInnen
von 100 bis 150 PolizistInnen aufzulösen, sagt Gert Zander,
Vorstand des Staatsschutzbüros in der Wiener Polizeidirektion zum Standard. Natürlich
seien auch Personen aus der
autonomen Szene unter den
DemonstrantInnen. „Aber in marginalem Ausmaß.“
Kritik an Strasser
Johannes Prochaska, Klubobmann der Wiener ÖVP, kritisiert indirekt auch seinen
Parteikollegen, Innenminister
Ernst Strasser. „Irgendwann
muss man das tolerante Vorgehen evaluieren. Es gibt auch
noch andere Interessen als die
der Demonstranten. Zudem
ärgere die verordnete Toleranz die Polizei: „Das führt zur
Demoralisierung der Truppe.“
Michael Kreißl, Landesparteisekretär der FPÖ (und Polizist), meint überhaupt, dass
das Innenministerium für den
„Missstand“ Demonstrationen
verantwortlich sei. Im Büro
von Minister Strasser will man
dazu jedoch nicht Stellung
beziehen: Das sei alles Angelegenheit der Wiener Polizei.
Eine „korrektere Gangart“
bei den Demos würde laut
Prochaska bedeuten: „Wenn
sie nicht angemeldet sind,
sind sie abgabepflichtig – und
müssen etwa für Verzögerungen der öffentlichen Verkehrsmittel zahlen. Wenn es
eine politische Demonstration
ist, ist sie anzumelden.“
Am Servicetelefon der Wiener
ÖVP beschweren sich bereits
etliche BürgerInnen, vor allem AnrainerInnen. Das Gleiche bei der Polizei. „Das sind doch Terroristen“, heiße es über die DemonstrantInnen.
ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat unterstützt
den Vorstoß der Wiener ÖVP.
Sie wolle keinerlei Einschränkung des Demonstrationsrechts. Aber eine Anmeldung
samt Route für den Donnerstag-Spaziergang sei nötig.
Dann könne auch nicht passieren, was vor einer Woche
geschah, als eine volkswirtschaftliche Tagung der Österreichischen Nationalbank im Hotel Marriott von
den DemonstrantInnen gestürmt
wurde.
Kurt Wendt, einer der Sprecher des Aktionskomitees gegen Schwarz-Blau, hat zur
Nichtanmeldung der Demonstrationen zu sagen, dass der
Widerstand gegen die Regierung „spontan“ und eine Anmeldung nicht notwendig sei.
Die Zahl der ProtestiererInnen
schwanke. 3000 bis 5000 seien
jeden Donnerstag dabei.