Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits, Betreuerin von Natascha Kampusch

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Der Medienhype um ihre Geschichte und ihre Person hat bei der nach acht Jahren Gefangenschaft aus einem Verlies entkommenen Natascha Kampusch das Bedürfnis nach gezielten Öffentlichkeitskontakten ausgelöst. Man werde sich wohl auf die Suche nach geeigneten Beratern machen müssen, war am Sonntag aus dem Umfeld der jungen Frau zu erfahren. Sonntagabend gab es erste Gespräche mit möglichen Kandidaten.

In den Wochenendausgaben von Kurier und Krone hatte sich vor allem Kampuschs Mutter persönlich und detailreich zu Wort gemeldet. Davor hatte die 18-Jährige selbst angekündigt, dass auch sie über ihre Erfahrungen reden wolle und werde. Und zwar "dann, wenn es für sie so weit ist, wenn es ihr psychisch gut genug geht", sagte am Sonntag die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits im STANDARD-Gespräch. Zu einem Zeitpunkt also, den die junge Frau "selbst und in Zusammenwirken mit ihren psychiatrischen und sozialarbeiterischen Betreuern" bestimmen werde. Wobei es deren derzeit drei an der Zahl gebe: sie selbst, der Wiener Kinderpsychiater Ernst Berger und dessen Berufskollege Max Friedrich. Am Freitag war Friedrich in mehreren Meldungen als Alleinverantwortlicher bezeichnet worden.

"Extrem sensibel"

Pinterits hat sich am Wochenende um Natascha Kampusch persönlich gekümmert, hat sich stundenlang mit ihr unterhalten. Die junge Frau befinde sich in einem "psychisch relativ guten Zustand". Sie sei "extrem sensibel" und gleichzeitig "extrem aufmerksam", sie verfolge täglich die Berichterstattung über ihren eigenen Fall - erzählt die Expertin. Das Wochenende habe Kampusch an einem Ort verbracht, "wo es Behandlungsmöglichkeiten und gleichzeitig auch Jugendliche in ihrem Alter gibt. Diese Kontakte tun ihr sehr gut." Riesig jedoch sei der Beratungsbedarf des Ex-Entführungsopfers: "Wir haben über so vieles noch nicht reden können, etwa nicht darüber, ob sie einen Begriff vom heutigen Wert des Geldes hat."

Dass Natascha Kampusch ihre Eltern übers Wochenende nicht getroffen hat, sei einzig und allein ihre Entscheidung, hieß es am Sonntag auch seitens der ermittelnden Behörde.

Weitere Einvernahme

Auch die Polizei habe sich über das Wochenende "zurückgezogen", obwohl "wir tausend Fragen hätten". Zuletzt hatte die Polizei verlautbart, dass es zwischen Kampusch und ihrem Entführer Wolfgang P. zu sexuellen Kontakten gekommen sei.

Die Befragungen sollen frühestens am Montag fortgesetzt werden. Frühere Einvernahmen hätten jedenfalls ergeben, dass "es keinen zweiten Täter gibt", erklärte Lang. Obwohl jenes Mädchen, das die Entführung im März 1998 als Zeugin beobachtet hatte, immer noch glaube, dass sich damals zwei Männer in dem weißen Mercedes-Kastenwagen befunden hätten. Das Mädchen - so Lang - sei am Mittwoch erneut vernommen worden. Kampuschs Entführer habe sie auf einem Foto wiedererkannt, eine Beschreibung des anderen Täters habe sie nicht geben können.

Am Sonntag meldete sich mit FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache unterdessen auch der erste Oppositionspolitiker in Sachen Kampusch zu Wort. Er forderte "drastische Strafverschärfungen für Kinderschänder sowie in Fällen von Freiheitsentzug". (Irene Brickner, Peter Mayr/DER STANDARD-Printausgabe, 28.08.2006)