Und dann: Salzsäckchen, Salzschäufelchen, Salztiegelchen, Salzfässchen ..., aber dazu kommen wir noch.
Am westlichen Ende des Strandes ist der Ortsteil Pouliguen mit einer schönen Hafeneinfahrt, auch wenn ein Stück davon etwas rummelplatzartig verkommen ist. Vor 150 Jahren war das einmal ein Fischerdorf, weit ab von La Baule. Honoré de Balzac weilte hier 1830 und dürfte zweifellos massenhaft Austern geschlürft haben. Gut vorstellbar ist, dass Balzacs Aussage "Dies ist eine Landschaft für große Seelen, kleinkarierte Herzen können hier nicht leben" nach so einer Meeresfrüchteplatte entstanden ist. Kleinkariert war Balzac keineswegs und die Rechnung für die Krustentierchen bezahlte höchstwahrscheinlich seine großzügige Freundin Madame de Berny.
Der von Schulden geplagte Autor genoss die räumliche Entfernung von seinen Pariser Gläubigern. Schließlich gab es ja damals noch keinen TGV, der in nur drei Stunden die 500 km von Paris nach La Baule zurücklegt.
Auf wackeligen Steinen
In Pouliguen sind die Promenade und der feine Sandstrand zu Ende. Linkerhand brandet das Meer und zerklüftet seit Jahrmillionen den Granitfelsen. Ein paar Kilometer weiter steht jedoch ein zweieinhalb Meter hoher Felsblock malerisch und majestätisch einsam auf der höchsten Stelle eines Strandabschnitts. Dieser ist keine Jahrmillionen alt, sondern vier, fünftausend Jahre jung: ein Menhir, wir sind schließlich in der Bre- tagne. Asterix-Leser wissen auch, wer ihn hier wahrscheinlich abgestellt hat.
Zurück auf der Straße: Salzsäckchen, Salzschäufelchen, Salztiegelchen, Salzfässchen ... Ja warum eigentlich? Des Rätsels Lösung befindet sich ein paar Kilometer weiter im Hinterland und heißt Guérande.
Guérande ist mit seiner vollständig erhaltenen Stadtmauer, den Stadttoren und den engen grauen Gassen eine mittelalterliche Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch. Honoré de Balzac hat nicht nur seinen Roman "Beatrix oder Die erzwungene Liebe" hier geschrieben, sondern auch einen Teil der Handlung angesiedelt. Bekannt ist die Stadt aber vor allem unter Gastronomen. Guérande steht, und das sei ohne Angst vor Übertreibung gesagt, für das beste Salz der Welt. Schon auf der kurzen Fahrt von Pouliguen oder La Baule kommend kann man sie nicht übersehen: links und rechts die kleinen rechteckigen, also offensichtlich angelegten Pfützen mit kniehohen weißgrauen Kegeln jeweils an den Rändern. Neben der Straße alle paar hundert Meter ein Sonnenschirm, darunter ein wackeliger Tisch und darauf, da sind sie wieder: Salzsäckchen, Salztiegelchen ...
Eine Prise Geschichte
Die Straße führt durch die marais salants, die Salzsümpfe. In den Becken, die durch ein ausgeklügeltes Kanalisationssystem mit Meerwasser gespeist werden, gewinnt man das Salz durch Verdunstung. Wie das genau geht, erfährt man im "Terre de sel", dem Museum und Dokumentationszentrum. Schautafeln gehen auf die Produktion und deren Geschichte ein. Und ein weiterer Aspekt wird ausführlich behandelt: Diese Form von Salzgewinnung ist nur in einer intakten Natur möglich, die marais salants sind daher auch ein Vogelparadies.
Noch anschaulicher erklären das die Salzgärtner auf den Spaziergängen durch die Anlage. Mit einem listigen Schmunzeln erzählt Michel, selbst Besitzer einiger Salzteiche, wie die am Horizont sich abzeichnende Badeortarchitektur von La Baule in den 60er-Jahren drauf und dran war, sich bis hierher auszudehnen. Erst um 1970 zog eine kleine Gruppe von unverdrossenen Salzgärtnern in einer Art von Asterixreflex die Notbremse, entwickelte das Konzept eines gastronomischen Edelsalzes und bewahrte so die marais salants vor der Zubetonierung.
Aber gerade wegen dieses wirtschaftlichen Niedergangs von 1850 bis 1970 bewahrte Guérande seinen ursprünglichen Charakter, aus Geldmangel blieb es vor allen städtebaulichen Modernisierungen verschont.