Wien - "Die Entwicklung der Private-Equity-Branche in Österreich ist auf einem guten Weg", zieht Thomas Jud, Geschäftsführer der Venture-Dachorganisation AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation), eine Bilanz der jüngsten Entwicklung.

2005 wurden 143 Mio. Euro investiert und 217 Investitionen getätigt - 39 mehr als 2004. In Summe konnte ein Beteiligungskapital von 216 Mio. Euro aufgebracht werden (2004: 121 Mio. Euro).

Die Entwicklung in Österreich verlaufe ähnlich positiv wie auf europäischer Ebene, "jedoch auf viel niedrigerem Niveau". Denn in Österreich seien Banken traditionsbedingt die erste Anlaufstelle, wenn das Geld knapp oder zusätzlich Kapital gebraucht wird. Dass es neben Finanzierungen über Fremdkapital auch Möglichkeiten für Eigenkapitalfinanzierungen gebe, müsse sich noch etablieren.

"Stimmung ist bestens"

Das Platzen der Technologieblase Ende der 90er-Jahre hat auch einen Einbruch in der europäischen Private-Equity/ Venture-Capital-Branche verursacht. "Mittlerweile hat die Branche sich wieder erholt, die Stimmung in Europa ist bestens", erklärt Jud. Im vergangenen Jahr wurde in Europa die Rekordsumme vom 71,8 Mrd. Euro aufgestellt. Zum Vergleich: 2004 wurden von Investoren 27,5 Mrd. Euro eingesammelt.

Mit knapp 24 Mrd. Euro an Private Equity, die 2005 in Beteiligungsunternehmen investiert wurden, führt Großbritannien das europäische Ranking an.

In Österreich profitiert vor allem Oberösterreich vom privaten Beteiligungskapital. 2005 flossen 34 Prozent des verfügbaren Kapitals an Unternehmen in Oberösterreich. Wien belegt mit 25 Prozent Platz zwei und Niederösterreich mit zwölf Prozent den dritten Rang.

Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft

Sorgen macht Jud die aktuelle Diskussion um die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft (MifAG), jenes Vehikel, über das Beteiligungsgelder fließen. Diese Form der Aktiengesellschaft genießt steuerliche Erleichterungen im Vergleich zu "normalen" Aktiengesellschaften. Die Mif-AG-Struktur wird von der EU-Kommission jedoch als nicht rechtskonform angesehen, da die Gründungs- und Investitionsbedingungen (der Bereich Energie ist etwa ausgeschlossen) bereits eine Selektion vornehme. Ende 2006 soll die MifAG auslaufen. Da Investoren im Schnitt jedoch sieben bis zehn Jahre an den jeweiligen Fonds, die in der MifAG liegen, beteiligt sind, kämpft die AVCO für lange Übergangsfristen. Wie das neue Finanzierungsvehikel aussieht, steht noch nicht fest. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.8.2006)