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Integrierte Nachtsichtsysteme sollen Autofahrern künftig die Fahrt bei erschwerten Sichtbedingungen erleichtern. Während einige Hersteller bereits jetzt Infrarot-Technologien zur automatischen Linienerkennung auf der Fahrbahn oder auch für ihre Nachtsichtsysteme einsetzen, herrscht derzeit noch Unklarheit, welche Art der Umsetzung die sicherste und effizienteste technologische Variante darstellt. Wissenschaftler der Technischen Universität Chemnitz und der Technischen Universität Berlin haben aus diesem Grund zwei Testreihen durchgeführt, bei denen die unterschiedlichen Nachtsichtsysteme genau unter die Lupe genommen wurden.

Videobasierte Darstellung nicht optimal

"Zusammenfassend kann sicher gesagt werden, dass Nachtsichtsysteme auf Infrarotbasis ein hohes Sicherheits- und Komfortpotenzial besitzen, dass zur Vermeidung von Unfällen unter erschwerten Sichtbedingungen beitragen kann", erklärt Studienleiter Josef Krems, Professor für Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie der TU Chemnitz. Die Usability-Studien, die mithilfe eines bundesweiten Expertenteams, aber auch aufgrund der Erfahrungen von ungeschulten Durchschnittsfahrern erstellt wurden, legen Krems zufolge jedoch den Schluss nahe, dass die derzeit von vielen Autoherstellern favorisierte videobasierte Darstellung im Fahrzeuginneren nicht die optimale Umsetzungsvariante darstellt.

Ablenkungsgefahr

"Die Videodarstellung der Infrarotaufnahmen auf einem 'head-down', also unter der Windschutzscheibe angebrachten Display bringt das Problem der Ablenkungsgefahr mit sich", meint Krems. Zum einen müsse das Auge ständig zwischen Nah- und Fernsehen umschalten. Zum anderen sei auch die Gefahr gegeben, dass Autofahrer sich nicht mehr nach dem natürlichen Sichtfeld der Windschutzscheibe orientierten sondern nur noch nach dem Videobild fahren würden, so Krems weiter.

Reduziertes LED-Anzeigemodul

Als optimale Lösung schwebt den Wissenschaftler daher ein reduziertes LED-Anzeigemodul vor, das nur im Falle eines tatsächlichen Ereignisses wie beispielsweise einem Fußgänger, Fahrradfahrer oder einem anderen Objekt auf oder neben der Fahrbahn ein Warnsignal produziert. Die technologische Umsetzung dieser Variante stellt die Entwickler im Gegensatz zu video-basierten Display-Systemen im Moment allerdings noch vor einige Herausforderungen. So sind für das ereignisbasierte System komplexe Algorithmen notwendig, um Sensordaten auszuwerten, relevante Objekte zu erkennen und im Ernstfall zuverlässig eine Warnung abzugeben. Laut Krems könnte die Serienreife einer derartigen Lösung folglich noch zwischen fünf und sieben Jahre auf sich warten lassen.

Gegensätze

Auf eine weitere Diskrepanz sind die Wissenschaftler in ihren Studien sowie in der Zusammenarbeit mit den Autoherstellern gestoßen. Während von Experten die als ergonomisch und sicherheitstechnisch sinnvoller eingestufte LED-Anzeigevariante favorisiert wird, zeigen Autokäufer derzeit eher an der videobasierten Display-Variante Interesse. Die Wissenschaftler führen dies auf den Umstand zurück, dass die Technologie bei der besagten Variante mit mehr Schauwert umgesetzt wird und der Kunde also das Gefühl habe, er bekomme etwas, das seine Mehrausgaben rechtfertige. (pte)