Hüttenzauber am Wasser: Die Seejungfrau hat das Zeug zum Hotspot.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

Die windschiefe Hütte liegt genau zwischen dem kleinen Yachthafen und der Kite-Surfing-Schule, gleich daneben ist die große Wiese mit dem Badeplatz, auf der anderen Seite der Bucht stehen die Edel-Datschas der "Inselwelt". Der Rest ist Schilf und, vor allem, Wasser. Seit bald drei Jahren betreibt die Architektin Ursula Düll den alten Imbissstand am atemberaubend gelegenen Platz als Steckenpferd.

Die längste Zeit aber plätscherte das Nebenbei-Projekt mehr schlecht als recht dahin, bis im vergangenen Februar, als der endlos eisige Winter die Eisläufer in Massen auf den See lockte, Freundin Ghislaine Knotzer mit an Bord kam. Das eigentliche Thema der jungen Wienerin ist zwar Interior Design, seit sie mit dem Joiser Winzer Markus Altenburger zusammen ist (der neben dem familieneigenen Wein auch das grandiose Schlossweingut Halbturn schupft und mit ein paar Winzerfreunden den irrwitzig guten und teuren Garagenwein "Batonnage" macht), kommt sie freilich auch von Jois nicht los.

Entspannt und geschmackssicher

"Ursula hat wen gebraucht, der sich ein bissl um die Hütte kümmert und ich hab' mich gleich in diesen wunderbaren Platz verliebt", erzählt Ghislaine. Mit sicheren Gefühl für Stil und die Magie des Ortes war auch das enge Budget kein Thema: Die Naturholz-Möblage kommt von Ikea, aus ein paar alten Betten wurden mit Überwürfen und Polstern höchst einladende Knoz-Ecken gebastelt, auch die Sonnensegel sehen ziemlich selbst genäht aus. Dazu strömt kühler Sound aus den Lautsprechern, und für lange Abende stehen Laternen mit dicken Kerzen bereit. So wunderbar entspannt und geschmackssicher geht es sonst nur an den Ufern mancher Mittelmeerinseln zu.

Dazu das fröhliche Personal, die hervorragenden Weine, die durchwegs von Altenburger und dessen engsten Winzerfreunden stammen - alles da, was es für einen neuen Hotspot am Steppensee braucht. Sollte man meinen. "Na ja, die Küche hat uns die längste Zeit ziemliche Alpträume bereitet", lacht Ghislaine, "für ein paar Monate bin ich auch selbst am Herd gestanden, da hat es halt gedauert, bis alle satt waren". Das war freilich immer noch besser, als das kurze Intermezzo jenes deutschen Kochs, der nur unter Gewaltandrohung davon abzuhalten war, Schnitzel mit "Tunke" zu servieren.

Fisch, Wild und köstliche Salate

Davon kann zum Glück keine Rede mehr sein. Mit Günter Mittermaier steht nun ein Mann am Herd, der zuvor immerhin im Schlossrestaurant Halbturn gekocht hat, wofür er von keinem Geringeren als Ober-Gourmet Carlo Wolf (LandArt) verpflichtet worden war. Seitdem fragen die Badegäste von nebenan zwar vergeblich nach "Pommes zum Mitnehmen", dafür stehen auf der schwarzen Tafel Fische von Aibler (und oft auch vom Fischer direkt), Wild aus der dörflichen Jagd, köstliche Salate und Gemüse, das von lokalen Bauern kommt.

Die Peperonata mit frischem Ziegenkäse etwa ist wie gemacht für einen heißen Tag am pannonischen See, kühl und süß schmelzen die gebratenen Paprikas auf der Zunge. Filet vom Wildlachs wird auf Niedrigtemperatur gargezogen und ganz puristisch mit Tomatenkompott serviert, dessen zarte Säure dem fettreichen Fisch wunderbar Paroli bietet. Der exemplarisch gebratene Rehrücken bekommt ein kleines Ragout vom Hirschen und Salbeignocchi beigestellt, alles ausgesprochen köstlich, aber am Strand, bei guten 30°, halt auch eine Herausforderung.

Richtig sozial kalkuliert

Später freilich, wenn die Sonne hinter der Bucht versinkt (und wegen maraudierender Gelsenschwärme Kampfkleidung oder chemische Waffen angezeigt sind), werden die tollen Rotweine aus dem Kühlen geholt und dann will man sehr wohl was Solides auf dem Teller haben. Der Mittagsteller ist mit ¬ 5,50 richtig sozial kalkuliert, das wunderbare Brot nimmt eine der Kellnerinnen täglich aus Ungarn mit. Und sollte der Sommer tatsächlich vorüber gehen, die Seejungfrau wird es weiter geben. Für den Beginn der Herbstsaison sind bei der Jägerschaft bereits die Fasane reserviert.
(Severin Corti/Der Standard/rondo/11/08/2006)

Seejungfrau Yachthafen, 7093 Jois Tel.: 0699/12 19 1626 Di-So ab 10.30 VS ¬ 3,20-10,90 HS ¬ 5,90-17,90