Salzburg - Mag ein Haus, also auch das Haus für Mozart, akustisch vor der ersten Opernpremiere "fertig" geworden sein - auf Spezialwünsche konnte Akustiker Karlheinz Müller beim Figaro eingehen: "An der Beleuchterbrücke haben wir noch einiges verbessert. Die oberen Frequenzen waren Nikolaus Harnoncourt zu dominant. Mit Glasseide kann man aber diese frechen Bereiche einfangen."

Dass sich ein neues Haus wie ein Instrument "einspielt", komme zwar in der Theorie nicht vor, "in der Praxis aber schon. Wir werden vielleicht noch ein paar Fugen öffnen, Staub wird sich setzen, das nimmt Schärfe. Wenn ein Haus älter wird, lässt es akustisch nach. Daher muss man zunächst auf der brillanten, schärferen Seite bauen. Das Mattere kommt von selbst."

Ein großer, noch nicht beantworteter Klangfaktor ist die Höhe des Orchestergrabens. "Der muss tiefer sein", meint Müller entschieden, "aber für die Fernsehübertragung des Figaro musste Filmregisseur Brian Large auch jeden gut ins Bild bringen. Da mussten wir möglichst allem gerecht werden." Large habe dem Akustiker jedenfalls eines der schönsten Komplimente gemacht, erzählt der Bayer. "Er könne die Sänger wunderbar ins Bild bringen. Ihre Gesichter seien so entspannt, weil sie sich von der Akustik im Haus so getragen fühlen."

Verstärkung für die Sänger gibt es nicht, wenn auch der eine oder andere Ton, besonders an der Rampe und nahe am Boden gesungen, diesen Eindruck vermitteln mag. "Das ist ein natürliches Phänomen. Boden und Bühnenbild sind Reflexionsfaktoren. Das ist beim Figaro besonders stark. Bei der Entführung aus dem Serail ist das leichter."

Die Begeisterung für einen ungewöhnlichen Beruf? Diese weckte das familiäre Umfeld. "Die einen haben im Kirchenchor mitgesungen, die anderen im Stadtorchester gespielt." Es gab Hausmusik. Die beiden älteren Brüder studierten Physik, spezialisierten sich auf Akustik. Müller, der Jüngste, studierte Bauwesen, doch das Faszinosum Musik blieb. "Ich stellte mir die Frage, wie ich alles verbinden könnte, und so führten mich Musik, Akustik und Bauwesen zur Raumakustik." Neben der weltweit beschäftigten eigenen Firma Müller-BMM mit 300 Mitarbeitern betreut er an der Musikuniversität Wien Studenten der Akustik.

"Sein" Haus für Mozart ist mit den 1600 Plätzen recht groß, bietet aber trotzdem noch die Vorteile eines kleinen Hauses. "Es vermittelt das Gefühl von Theater als Gemeinschaftserlebnis, weg von der Guckkastenbühne. Und akustisch nimmt es die Leute mit. Der Klang spielt sich nicht neben einem ab, spielt sich auch nicht in den Vordergrund. Dadurch ergänzt das Haus das Große Festspielhaus und die Felsenreitschule wunderbar, in denen mehr Klangdistanz möglich ist."

Das Mozarthaus ist übrigens nicht die einzige Festspielstätte, die Müller betreut hat. In der Universitätsaula haben die neue Decke, die Rekonstruktion des Altarbildes und die ansteigende Bestuhlung Klang und Sicht verbessert. Bei den Sitzen hätte Müller am liebsten auf eine reizvolle Gepflogenheit aus Tagen, da die Kirche noch kunstfreundlicher war, zurückgegriffen: auf Klappsitze, die morgens für die Messe in die eine Richtung heruntergeklappt werden konnten und abends fürs Theater in die andere. (Petra Haiderer/DER STANDARD, Printausgabe, 8.8.2006)