Salzburg - Die Zeit vergeht auch in Salzburg und gebiert somit Erinnerungsstücke. Ein Jahr ist es nun her, dass das rote Sofa Anna Netrebko bei La Traviata herumtrug, nun wartet das Möbelstück im Foyer des Großen Festspielhauses auf seine baldige Versteigerung. Was sich an diesem Abend auf der Bühne an Requisiten tummelt, würde bei einer Auktion zweifellos auch Abnehmer finden:

Bei der Così-Inszenierung von Ursel und Karl-Ernst Herrmann standen der Paravent, der eiförmige Stein und die vielen Fächer auch Cecilia Bartoli und Magdalena Ko~ená zur Verfügung; auch sahen sie Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Philippe Jordan und Adam Fischer Mozart-Luft massieren. Doch eine Versteigerung gibt es nicht, im Jahr der Mozart-Vollständigkeit braucht man sie wieder, und langsam, aber sicher wird diese Così eine Art musiktheatralischer Jedermann für Salzburg.

Besondere Abnützungserscheinungen sind der Inszenierung jedoch nicht anzumerken. Das Liebesexperiment wirkt noch immer leichtfüßig, witzig und poetisch. Und man staunt nach wie vor, dass es hier gelungen ist, eine Kammeroper mit sparsamen Mitteln auf eine fast leere Riesenbühne zu transponieren.

Hilfreich ist natürlich der reife Teil des Personals. Wenn sich Thomas Allen (vokal schon sehr im Sprechgesanglichen angesiedelt und als Don Alfonso ein bisschen wie der Vampir-Opa in der alten Munsters-TV-Serie gezeichnet) hinstellt und genüsslich ein Zigarettchen raucht, schrumpft der Raum ob der Präsenz. Und wenn die grandiose Helen Donath als Despina skurril in die Handlung (auch als Arzt und Notar) eingreift, sind die Dimensionen des Raumes im Salzburger Großen Festspielhaus ebenfalls einigermaßen belanglos.

Verwirrte Emotionen

Schon eher spürt man die Raumgröße bei den liebesverwirrten Pärchen, deren damenhafter Teil hier weiß, was gespielt wird und es dennoch nicht schafft, die Verwirrung der Emotionen zu umgehen. Shawn Mathey (als Ferrando) und Stephane Degout (als Guglielmo) sind solide Akteure wie auch Ana Maria Martinez (Fiordiligi)und Sophie Koch (als Dorabella). Ihre Stimmen garantieren allerdings gerade einmal solides Niveau. So bleibt der Abend, an dem auch der dritte Teil der Irrfahrten und auch Ascanio in Alba Premiere hatten, frei von Festspielglanz.

Der vierte Dirigent der Produktion, Manfred Honeck, gibt sich zwar Mühe, das Besondere herbeizuzaubern, hat Markantes vor, will gestalten und es nicht nur schön tönen lassen. Doch mehr als ein respektables Spiel zwischen hartem Akzent und wohlig tönender Konvention kann er den Wiener Philharmonikern nicht entlocken. Dies aber reichte aus, um dem Publikum tief empfundene Dankbarkeit abzuringen. (Ljubisa Tosic/DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.8.2006)