Hans-Peter Martin (49) tritt gegen "ÖVPSPÖFPÖGRÜNE-BZÖ" an.

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Natürlich hat er die endgültige Vollzugsmeldung seiner Hauspostille exklusiv überlassen: "H.-P. Martin startet in den Wahlkampf" titelte die Kronen Zeitung am Sonntag atemlos - zwei Seiten Bericht im Blattinneren inklusive. Die bekommt nicht einmal der Kanzler so schnell, und der andere Krone-Darling, Finanzminister Karl-Heinz Grasser, muss dafür schon halb nackt auf der Yacht seiner Frau posieren.

Wochenlange wohlwollende Berichterstattung über den Noch- nicht-aber-vielleicht-bald- Kandidaten waren vorausgegangen. Dem ehemaligen Spiegel-Redakteur kann man in Sachen Eigenmarketing gewiss nichts vormachen: Bereits bei seiner letzten Kandidatur für das EU-Parlament schaffte der 49-jährige Vorarlberger mit schnarrender Stimme und cholerischem Gemüt 14 Prozent, praktisch aus dem Nichts heraus, ohne Parteistruktur, nur mit Unterstützung aus dem Hans-Dichand-Imperium.

Das rang den gestandenen Parteistrategen nicht nur Respekt ab, es machte sie auch ordentlich nervös - wie jetzt wieder. Was immer sie an Wahlkampfstrategien für den 1. Oktober vorbereitet haben, kann in den Papierkorb wandern - in allen Parteizentralen, vor allem aber bei den Blau-Orangen und bei der SPÖ. Martin wird nicht nur kräftig bei den Protestwählern fischen, er könnte auch einer, wenn nicht sogar beiden Jörg-Haider-Klongruppen den Einzug ins Parlament vermasseln.

Indirekt könnte er damit zur Realisierung jener Regierungsform beitragen, die er selbst am meisten verteufelt: der großen Koalition.

Mit Programmen und anderen Geschäftsgrundlagen klassischer Parteipolitik will Martin ohnehin nichts zu schaffen haben. Wie auch schon bei seinem Europawahlkampf tritt er als eine Art Antipolitiker mit Vorarlberger Rechtschaffenheitstick an - nur, dass er statt der Brüsseler Bürokratie nun die "Sitzungsgremienhocker"der "ÖVPSPÖFPÖGRÜNE-BZÖ"als Feindbild stilisiert und die "Bürger-Republik"zum diffusen Ideal erklärt. Damit bedient er die Sorgen und Ressentiments all jener, für die sich Politik als undurchschaubares System einer abgehobenen Kaste darstellt. HPM, wie er sich selbst gerne im Stile von Majestäten nennt, macht Politik für und mit dem Kleinformat.

Die Rolle des rebellischen Einzelkämpfers lag dem studierten Politologen und Juristen ohnedies immer schon am besten - egal, ob als Spiegel-Redakteur, als SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen 1999 oder fünf Jahre später, als er gemeinsam mit der Journalistin Karin Resetarits ins EU-Parlament einzog: Es dauerte nie lang, bis sich der professionelle Egozentriker mit seinen Kollegen zerstritt.

Wer immer dieses Mal seine Gefolgschaft formt, sollte sicherheitshalber einen politischen Ehevertrag aufsetzen. (Barbara Toth/DER STANDARD, Printausgabe, 31.7.2006)