Gerhard Rodler, Immobilien- Fachjournalist

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Sommer, Hitze, Schweißflecken unter den Achseln - das sind die Grundzutaten, die ausreichen, um eine konzentrierte Arbeit in physischer Hinsicht nahezu unmöglich zu machen. Doch selbst wenn die Klimaanlage auf vollen Touren läuft, hat die Büroarbeit im Sommer eine ganze Reihe an Nebenwirkungen: Workaholics erkennen einander am charakteristischen Hüsteln, weil sich klarerweise verkühlt, wer verschwitzt ins Büro kommt.

Bürogeräte bescheren Affenhitze

Es sind die Errungenschaften der Neuzeit, die uns die tägliche Affenhitze im Büro bescheren: Computer und Bürogeräte, vor allem aber die neuzeitliche Bauweise, verbunden mit der kurzsichtigen Überlegung, dass jeder Euro, den man sich bei den Baukosten spart, den Unternehmensgewinn mehrt. Das Gegenteil ist der Fall. Alle zehn bis 15 Jahre muss der vermeintlich eingesparte Euro für zusätzliche Investitionen aufgewendet werden - beispielsweise für Klimaanlagen.

Büro hinter Glas

Gleichzeitig werden im Officetower der Neuzeit die Büromenschen zu Arbeitstieren degradiert, die wie im Zoo in voll verglasten und von den Passanten schön einsehbaren Bürotürmen gehalten werden. So manches Bürogebäude würde ohneweiters als Aquarium durchgehen. Mittlerweile befinden sich bereits gut 60 Prozent der Büroflächen in solchen oder ähnlichen Zuständen.

Alternative Bürobaukonzepte: Bepflanzung

Doch es gibt Grund zur Hoffnung. Neuerdings machen alternative Bürobaukonzepte die Runde. Die Welser Firma Delta hat kürzlich ein "Green Office" konzipiert. Dabei ist der konventionellen Fassade eine grüne Schicht vorgelagert, deren Bepflanzung einen großen Teil der einströmenden Hitze aufnimmt. Zusätzliche Flora im Innenraum sorgt für ein entsprechend angenehmes Raumklima. Man ist freilich noch auf der Suche nach einem weitsichtigen Bauherrn.

"Atmendes" Bürohaus

Schon etwas weiter ist das ECO 5 im fünften Wiener Gemeindebezirk, das sich als "atmendes" Bürohaus versteht. Das Gebäude ist nicht - wie herkömmlich - vollklimatisiert, sondern ist mit Fenstern, die man öffnen kann, und Außenjalousien ausgestattet. Das integrierte Nachtlüftungssystem nutzt die natürliche Abkühlung und versorgt die Räume bei gleichzeitiger Temperierung mit Frischluft. Die ersten Vorboten einer Trendwende sind also schon da. Vielleicht gibt es ja in naher Zukunft ein Come-back der guten alten, dicken Mauern anstelle der brütend heißen Glaspaläste. (Gerhard Rodler, DER STANDARD Printausgabe 29/30.7.2006)